# taz.de -- FDP-Spitzelaffäre: Maulwurf hatte Zugriff auf Geheimakten | |
> Was wusste Helmut Metzner alles? Der Ex-FDP-Mann, der den USA | |
> Informationen zuspielte, hatte offenbar Zugang zu geheimen Unterlagen. | |
> Unterdessen meldet sich Wolfgang Kubicki zu Wort. | |
Bild: Was nun, Herr Westerwelle? Nicht nur Maulwurf Metzner, sondern auch ein m… | |
BERLIN afp/dpa | Der bisherige Büroleiter des FDP-Vorsitzenden Guido | |
Westerwelle, Helmut Metzner, hatte nach einem Bericht der Leipziger | |
Volkszeitung auch Zugang zu geheimen Akten. Es handelte es sich dabei um | |
"mindestens fünf vertrauliche Regierungsunterlagen, die dem Geheimschutz | |
unterlagen", heißt es. Westerwelle hatte sich in der abgelaufenen Woche von | |
Metzner getrennt, weil dieser 2009 die US-Botschaft über die schwarz-gelben | |
Koalitionsverhandlungen auf dem Laufenden gehalten hatte. | |
Ob neben der US-Botschaft noch andere ausländische Diplomaten von Metzner | |
informiert wurden und Zugang zu geheimgeschütztem Material aus dem | |
Ministerium von Westerwelle erhielten, habe das Auswärtige Amt bislang | |
nicht klären können, berichtete die Zeitung. Sie berief sich dabei auf ihr | |
vorliegende schriftliche Erklärungen von Außenamts-Staatssekretär | |
Wolf-Ruthart Born an mehrere SPD-Abgeordnete. | |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas | |
Oppermann, forderte Westerwelle auf, sich wegen "offensichtlicher | |
Überforderung durch das Doppelamt" Außenminister und Parteivorsitzender | |
"für ein Amt zu entscheiden". Grad und Charakter des Geheimnisverrats durch | |
Westerwelles ehemaligen Büroleiter Metzner würden bewusst "nicht | |
aufgeklärt, weil es nicht im Interesse der FDP liegt und weil | |
offensichtlich eine Vermischung von Partei- und Regierungsinteressen | |
vorliegen", kritisierte der SPD-Politiker in der Zeitung. | |
Metzner war als Büroleiter von FDP-Chef Westerwelle abgelöst worden, | |
nachdem die Website Wikileaks US-Depeschen veröffentlicht hatte, die auf | |
Metzners Informationen beruhten. Metzner hatte der Berliner US-Botschaft | |
2009 aus den Koalitionsverhandlungen von Union und FDP berichtet. | |
Zunächst war davon ausgegangen worden, dass Metzner trotz der | |
Informationsweitergabe an die USA bei der FDP beschäftigt bleibt. Dies war | |
aber innerhalb der Partei auf Kritik gestoßen, zudem kündigte Metzner | |
selbst an, wegen seiner Versetzung einen Anwalt einzuschalten. Die | |
Gespräche zwischen diesem und der FDP führten schließlich zur Beendigung | |
des Arbeitsverhältnisses. | |
Neue Enthüllungen um Maulwurf Metzner nicht genug, meldet sich Wolfgang | |
Kubicki mit einer Generalkritik an seiner Partei zu Wort. Der | |
FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, sieht seine Partei in einem | |
desolaten Zustand. "An der Basis hat die Auflösung schon begonnen", sagte | |
Kubicki der neuen Ausgabe des Magazins Spiegel. "Die Situation, in der wir | |
uns befinden, erinnert mich fatal an die Spätphase der DDR." | |
Bundeswirtschaftsminister und FDP-Vize Rainer Brüderle wies die Kritik | |
zurück und warf Kubicki Profilierungssucht vor. | |
Kubicki sagte, derzeit sei die Lage der FDP fast aussichtslos. "Die | |
Austritte nehmen massiv zu. Die FDP liegt in Umfragen seit einem halben | |
Jahr zwischen vier und fünf Prozent, und die Mitglieder verlieren den | |
Glauben daran, dass sich die Lage bald bessert." | |
Mit Blick auf seinen Vergleich mit den letzten Jahren der DDR sagte er: | |
"Die ist irgendwann implodiert. Auf einmal war sie nicht mehr da. Die | |
Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen." Es könne passieren, | |
dass auch die FDP "in sich selbst zusammenfällt", warnte er. | |
Verantwortlich für den drohenden Zerfall sei auch die FDP-Spitze: | |
"Diejenigen, die in Regierungsverantwortung in Berlin sitzen, nehmen den | |
Zustand der Partei kaum wahr. Sie sind abgehoben von dem, was in der FDP | |
passiert." Wenn jemand derart in der Kritik stehe wie Parteichef Guido | |
Westerwelle, "dann will man das nicht mehr wahrnehmen. Es ist eine Art | |
Selbstschutz". Mit dem Abkapseln verschwinde auch die Möglichkeit, sich | |
auszutauschen. | |
Bei "wirklich dramatischen Niederlagen der FDP" bei den Landtagswahlen im | |
Frühjahr 2011 erwartet Kubicki den Rückzug Westerwelles. "Er würde nach | |
meiner Einschätzung auf dem Bundesparteitag im Mai nicht erneut | |
kandidieren". Dennoch gebe es zu Westerwelle derzeit keine Alternative. | |
Weder einer der übrigen Bundesminister noch Generalsekretär Christian | |
Lindner drängten sich als neuer Parteichef auf, sagte Kubicki, der auch | |
Mitglied des FDP-Bundesvorstands ist. | |
Brüderle wies die Vorwürfe Kubickis im Handelsblatt als haltlos zurück. | |
"Manche können sich nur profilieren, wenn sie sich gegen die eigene Partei | |
positionieren", sagte er. Das gelte vor allem für Kritiker, die selbst noch | |
nie Regierungsverantwortung getragen hätten. "Nur meckern und selbst keine | |
konkreten inhaltlichen Lösungsvorschläge machen, ist immer der einfachste | |
Weg", sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende. | |
12 Dec 2010 | |
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