# taz.de -- Streit um die Kastanienallee: Ein Kiez probt den Schwabenaufstand | |
> Mit Glühwein und Musik protestieren Anwohner gegen "K 21" - den vom | |
> Stadtrat geplanten Umbau der Flaniermeile. | |
Bild: Protest: Kastanienallee soll bleiben | |
Bei eisigen Temperaturen verkabeln Techniker unter einem weißen Pavillon an | |
der Kastanienallee Ecke Oderberger Straße Turntables und DJ-Mischpult. | |
Daneben diskutiert ein Mann mit einem Polizisten. Florian vom Wohnprojekt | |
Kastanienallee 77 versucht dem Beamten zu erklären, dass die Suppe in dem | |
riesigen Metallkessel kalt wird, wenn er den Waschzuber nicht mit Holz | |
befeuern darf. Doch der Mann in Grün stellt sich quer. Das Feuer sei nicht | |
ordnungsgemäß angemeldet, deshalb werde er "die ganze Aktion hier" | |
abblasen, wenn das Holz angezündet wird. Florian gibt sich geschlagen. | |
Schließlich soll hier noch protestiert werden: gegen die Pläne des grünen | |
Stadtrates Jens-Holger Kirchner, der die Kastanienallee umbauen will. | |
Zum Protestnachmittag mit Musik und Glühwein, den die Bürgerinitiativen | |
Wasserturm und Kastanienallee organisiert haben, kommen im Verlauf des | |
Samstagnachmittags einige hundert Menschen. Die meisten Anwohner sind sich | |
einig, dass die Baupläne, vor allem die Verengung der Bürgersteige und der | |
sogenannte Angebotsstreifen für Fahrradfahrer, überflüssig sind. Viele | |
befürchten, dass der Verkehr schneller und damit gefährlicher wird. "Noch | |
passen sich alle an das Tempo der Fahrradfahrer an", sagt ein Anwohner, der | |
seit sechs Jahren an der Kastanienallee wohnt und im Vorbeigehen nach | |
Unterschriftenlisten sucht. " Ich habe zwar nicht sehr viel Zeit, aber ich | |
möchte mich auch gegen diesen Quatsch einsetzten" sagt er. | |
Dabei scheint es keineswegs so, als würden die Anwohner sich gegen jegliche | |
Veränderung sperren. Viele begrüßen die Idee, die Bürgersteige | |
behindertengerechter zu machen. Sie schlagen auch alternative Investitionen | |
vor, etwa die Straßenlampen auszutauschen - oder gar die ganze Gegend zu | |
einer Fußgängerzone zu erklären. "Das wäre mal grüne Politik", kommentiert | |
ein Anwohner. | |
Dr. Motte, der als erster von drei DJs an den Plattentellern steht, wohnt | |
auch hier. Wie viele andere hat er das Gefühl, dass - trotz | |
Bürgerbeteiligung bei der Planung - der Bürgerwille für die Politiker | |
eigentlich nichts zählt. "Ob nun Mappus in Stuttgart oder Kirchner in | |
Berlin. Das ist Verachtung des Bürgers auf höchstem Niveau", so der | |
Erfinder der Loveparade. | |
Lena, die in Prenzlauer Berg aufgewachsen ist, wurde über Facebook zu der | |
Aktion eingeladen. "Ich wohne zwar nicht direkt an der Kastanienallee, aber | |
mich stört schon seit langem, dass überall im Kiez gebaut wird. Das | |
verändert alles und zerstört den Charme der Gegend. Ich habe zwar das | |
Gefühl, es ist ein Kampf gegen Windmühlen, aber die Medienpräsenz hier | |
zeigt, dass die Aktion etwas bewirkt." | |
Für Matthias Aberle von der BI Wasserturm steht am Ende fest: Es gibt | |
keinen Kompromiss, er will "K 21" stoppen. Für die nächsten Aktionen will | |
er sich lautstarke Unterstützung gesichert haben - unter anderem von der | |
Band Rammstein. "Wenn der Schnee erst einmal weg ist, dann wird hier die | |
Post abgehen", kündigt er einen heißen Winter an. | |
19 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Canset Icpinar | |
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