# taz.de -- Drogenkrieg in Guatemala: Mit Ausnahmezustand gegen das Kartell | |
> Präsident Álvaro Colom will die nördliche Grenzprovinz Alta Verapaz dem | |
> Griff der "Zetas" entreißen. Dort hat jetzt die Armee das Sagen. | |
Bild: Guatemaltekische Soldaten patrouillieren in der Grenzregion Alta Verapaz. | |
BERLIN taz | Der Drogenkrieg von Mexiko ist nach Guatemala übergeschwappt. | |
Am Sonntag verhängte der guatemaltekische Präsident Álvaro Colom den | |
Ausnahmezustand über die nördliche Grenzprovinz Alta Verapaz. Seither | |
versucht dort das Militär zu regieren. Soldaten können Menschen willkürlich | |
verhaften und beliebig lange festhalten, sie können Häuser durchsuchen und | |
alles ohne richterliche Anordnung. | |
Demonstrationen und private Versammlungen sind verboten, die | |
Bewegungsfreiheit kann eingeschränkt werden. Alle zivilen staatlichen und | |
kommunalen Institutionen sind der Armee untergeordnet. Der Grund für das | |
brachiale Ausnahmerecht: Colom will die verlorene Herrschaft über die | |
Provinz zurückgewinnen. | |
In Alta Verapaz regiert seit zwei Jahren das mexikanische Drogenkartell Los | |
Zetas. Die hügelige Gegend im Norden Guatemalas wird überwiegend von Mayas | |
bewohnt und wurde vom Staat schon immer vernachlässigt. Im Bürgerkrieg | |
(1960 bis 1996) hat die Armee dort Dutzende von Massakern an der | |
Zivilbevölkerung verübt, heute leben über 60 Prozent der Bevölkerung im | |
Elend. | |
Doch Alta Verapaz ist ein wichtiger Korridor für Drogenhändler: Das von | |
Kolumbien kommende Kokain wird zunächst in Zentralamerika | |
zwischengespeichert und geht dann über Alta Verapaz nach Mexiko. | |
Die Zetas kannten sich in der Gegend schon vorher aus. Die Privatarmee, | |
ursprünglich der bewaffnete Arm des Golfkartells, war einst von Mitgliedern | |
der sogenannten Kabiles aufgebaut worden - einer in Folter und | |
Dschungelkrieg geübten Eliteeinheit der guatemaltekischen Armee. Seit sich | |
die Zetas vom Golfkartell getrennt und selbstständig gemacht haben, gelten | |
sie als eine der blutigsten Drogenmafias Mexikos. | |
Alta Verapaz haben die Zetas seit mindestens einem Jahr fest im Griff. Ihre | |
schwer bewaffneten Trupps patrouillieren offen in Geländewagen durch Städte | |
und Dörfer. Die meisten Richter, Bürgermeister und Polizisten werden vom | |
Kartell bezahlt. Bauern im Hinterland klagen darüber, dass die Häscher der | |
Mafia einfach Land beschlagnahmen, wenn dieses für geheime Landepisten oder | |
Drogenspeicher benötigt wird. | |
Der Ausnahmezustand wurde zunächst für 30 Tage verhängt und soll, so Colom, | |
verlängert werden, "solange es nötig ist". Ziel des Militäreinsatzes sei | |
es, "die Regierungsfähigkeit in der Provinz wieder herzustellen". | |
Genau dazu aber sei die Armee nicht in der Lage, kritisiert der | |
Kriminologieprofessor David Martínez: "Solange in der Polizei, in der | |
Justiz und in den Gefängnissen Korruption herrscht, nützt der | |
Ausnahmezustand gar nichts." | |
20 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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