# taz.de -- Neun Monate nach irakischer Parlamentswahl: Al-Malikis Regierung st… | |
> Premier al-Maliki hat sein Kabinett der nationalen Einheit durchs | |
> Parlament gebracht. Ein Drittel der Posten ist nur kommissarisch besetzt. | |
> Und die Sunniten sind mit dabeii. | |
Bild: Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki (re.) stellt sein Kabinet… | |
KAIRO taz | Am Weltrekord für die längste Regierungsbildung ändert es | |
nichts mehr. Aber nun hat der Irak neun Monate nach den Parlamentswahlen | |
doch ein Kabinett, wenngleich ein Drittel der Minister zunächst nur | |
kommissarisch mit von der Partie sind. | |
Ministerpräsident Nuri al-Maliki stellte am Dienstagnachmittag seine neue | |
Einheitsregierung dem Parlament vor und ließ die Namen jedes einzelnen | |
Minister abstimmen, die allesamt entweder einstimmig oder mit absoluter | |
Mehrheit akzeptiert wurden. Zuvor hatten sich mehrere Parlamentarierinnen | |
lautstark darüber beschwert, das keine einzige Frau im neuen Kabinett | |
sitzt. | |
Insgesamt wurden 29 Minister im Amt bestätigt. Der Rest des 42-köpfigen | |
Kabinetts wurde zunächst nur kommissarisch beauftragt, ein Amt zu | |
übernehmen, bis sich ein geeigneter Kandidat findet. Mit dieser | |
Konstruktion gewinnt al-Maliki Zeit, denn eine in der Verfassung | |
festgelegte Frist hatte ihm nur noch bis kommenden Samstag Zeit gegeben, | |
die längst überfällige Regierung vorzustellen. | |
"Es ist die schwierigste Aufgabe, eine Regierung der Nationalen Einheit zu | |
bilden, in einem Land mit einer derartigen ethnischen, konfessionellen und | |
politischen Vielfalt", hatte al-Maliki vor der Abstimmung in einer Rede vor | |
dem Parlament erklärt. | |
Neben dem Amt des Ministerpräsidenten hat al-Maliki vorerst ebenfalls | |
kommissarisch den Posten des Ministers für Verteidigung, Inneres und | |
Nationale Sicherheit inne. Damit sammelt er alle Macht der sogenannten | |
Sicherheitsministerien in seiner Hand, in einer Zeit, in der sich die | |
US-Truppen darauf vorbereiten, innerhalb eines Jahres ganz aus dem Irak | |
abzuziehen. | |
Als Gegengewicht wurde ein Sicherheitsrat geschaffen, dem Ijad Allawi | |
vorsteht. Dieser Posten gibt ihm künftig theoretisch ein Vetorecht über | |
al-Malikis Sicherheits- und Außenpolitik. Dies war die Voraussetzung dafür, | |
dass sich Allawi auf ein Abkommen zur Machtteilung eingelassen hat, das | |
beide Seiten im November unterzeichnet hatten. | |
Aber die Bruchlinie in der zukünftigen Regierung wird voraussichtlich | |
weiter zwischen den beiden Rivalen al-Maliki mit seiner Koalition | |
schiitisch-religiöser Parteien und Allawi mit seiner säkularen | |
Al-Irakija-Liste verlaufen, die von einer Mehrheit der Sunniten des Landes | |
gewählt worden war. Allawi hatte in der Parlamentssitzung in einer Rede der | |
neuen Regierung deutlich sein Vertrauen ausgesprochen. In den vergangenen | |
Tagen hatte er al-Maliki noch gewarnt, sich an das Machtteilungsabkommen zu | |
halten. Andernfalls sei die Beteiligung seines Al-Irakija-Blocks an der | |
neuen Regierung nicht garantiert. Allawis verbale Unterstützung für die | |
neue Regierung zeigt, dass seine Bedenken zumindest vorläufig ausgeräumt | |
scheinen. Jetzt muss sich die brüchige Konstruktion der Regierung der | |
Nationalen Einheit in der Tagespolitik beweisen. | |
Aus den Wahlen Anfang März war der Irakija-Block als die stärkste Partei | |
hervorgegangen - allerdings nur mit einer knappen Mehrheit von zwei Sitzen. | |
Al-Malikis Block hatte es aber geschafft, ein Bündnis mit den Kurden zu | |
schließen und hatte so die größte Allianz zustande gebracht. Nach | |
monatelangem Gesprächen war er im November mit der Regierungsbildung | |
beauftragt worden, aber erst, nachdem er das Machtteilungsabkommen mit | |
Allawi unterzeichnet hatte. | |
Zumindest im für das Land entscheidenden Ölministerium wird Kontinuität | |
erwartet. Abdul-Karim Elaibi, ein Schiit, wird Hussain al-Schahristani | |
ersetzen, der bisher für die Vergabe der lukrativen Konzessionen zuständig | |
war. Elaibi galt bisher als enger Vertrauter Scharistanis. | |
21 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
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