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# taz.de -- Gerichtsurteil: Diskriminierung an der Diskotür
> Ein dunkelhäutiger Jurastudent verklagt einen Bremer Club, weil dessen
> Türsteher ihn nicht hineinließen. Dass nicht Rassismus der Grund dafür
> war, glaubt das Gericht dem Betreiber nicht.
Bild: Kein Eintritt wegen der Hautfarbe: Die Diskothek La Viva in Bremen soll n…
Die Diskomeile am Bremer Hauptbahnhof ist keine sonderlich noble Gegend.
Die Betreiber der Diskothek "La Viva" hält dies nicht davon ab, ihren Club
als bessere Adresse zu vermarkten: "Generell gilt: Wer durch seine Kleidung
zeigt, dass er bei uns einen besonderen Abend erleben möchte, dem stehen
unsere Türen selbstverständlich offen" - so steht es auf der Homepage des
Clubs.
Carsten J.* scheint jedoch eine Ausnahme von dieser Regel zu sein. Denn für
den 29-jährigen, durchaus stilvoll gekleideten Jurastudenten blieben die
Türen des La Viva geschlossen. "Regelmäßig" sei das dem dunkelhäutigen J.
an Discotüren passiert, sagt er. Doch beim letzten Mal hatte er genug. Und
verklagte die Betreiber des La Viva wegen Verstoßes gegen das im
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) festgeschriebenen
Diskriminierungsverbots.
Am Dienstag verhandelte das Bremer Amtsgericht J.s Klage. Fast genau ein
Jahr ist es her, dass J. mit drei Begleiter am Ende einer durchfeierten
Nacht ins La Viva wollten. Einer von ihnen war Jens W., der in München als
TV-Producer arbeitet. Ihn hatte J. als Zeugen benannt.
"Ich war vom Stil her genauso gekleidet", sagt W. aus. Doch während die
Türsteher den blonden, blauäugigen W. anstandslos passieren ließen,
stoppten sie seinen Freund. "Sie sagten ihm: Du passt hier nicht ins
Gesamtbild", erinnerte sich W. "Es war total offensichtlich, dass es an der
Hautfarbe liegt." Danach wurde "lange diskutiert, aber da ist natürlich
nichts bei rausgekommen", sagt W. Die Türsteher hätten dann immer neue
Gründe nachgeschoben. "Das wurde denen offensichtlich unangenehm." Am Ende
hätten sie behauptet, die "Farbe von seinen Schuhen passt nicht hier rein".
Ein Angestellter des Clubs, der später dazutrat und die Debatte vor der
Clubtür beobachtete, sieht das anders: "Vom Äußeren her haben die in den
Laden gepasst", sagt er aus. Allerdings sei die Gruppe "angetrunken"
gewesen - und habe "gegen den Türsteher gepöbelt".
W. weist dies zurück: "Wir haben gesagt, dass sie Carsten deshalb nicht
reinlassen wollen, weil er dunkelhäutig ist. Ist es eine Pöbelei, das zu
sagen?" Die Gruppe sei zwar nicht nüchtern gewesen - aber "definitiv nicht
so angetrunken, dass wir ein Problem dargestellt hätten".
Auf genau dieses Argument zog sich beim Verhandlungstermin der Vertreter
des La Viva zurück. "Um diese Zeit ist das so eine Sache, mit Betrunkenen
zu diskutieren. Da sagt keiner von denen: ,Ja stimmt, ich bin betrunken,
dann geh ich mal nach Hause'", sagt er. Türsteher müssten "in
Sekundenschnelle, hunderte Male pro Nacht" entscheiden, wer ein
Problemfaktor sei. W. beeindruckt dies nicht. Er habe genau so viel
getrunken wie J. "Dann hätte ich auch nicht reinkommen dürfen."
Wie es aussieht, wird das La Viva F. nun 300 Euro Schmerzensgeld zahlen
müssen. Denn die Diskothek konnte ihre Behauptung, ihm sei der Einlass
nicht wegen seiner Hautfarbe verwehrt worden, "nicht beweisen", sagte
Richter Heinrich Auffahrt am Ende des Prozesstermins. Er schlug den
Parteien einen Vergleich vor. Doch das hätten beide als moralische
Niederlage betrachtet - und lehnten ab: "Das ist für mich überhaupt keine
Diskussion, uns Rassismus vorzuhalten", sagte der La Viva-Vertreter. Auch
J. weigerte sich.
"Mir geht es gar nicht so sehr um mich", sagte er. Vielmehr habe er die
"Rechtsfortbildung" im Auge - er will ein Urteil gegen die Clubbetreiber,
soll das heißen.
"Das ist ein alltägliches Problem, da haben sich die Leute schon viel zu
sehr dran gewöhnt." Er kenne "viele Afrikaner, die gar nicht mehr in Diskos
gehen, weil sie da sowieso nicht reinkommen". Aber nur sehr wenige wehren
sich dagegen. Auch für ihn war dies nur möglich, weil er einen Antrag auf
Prozesskostenhilfe gestellt hatte. "Sonst hätte ich mir das gar nicht
leisten können."
*Name von der Redaktion geändert
21 Dec 2010
## AUTOREN
Christian Jakob
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