# taz.de -- START-Abrüstungs-Vertrag: Obamas Triumph | |
> Bei einer Testabstimmung bekommt der START-Vertrag eine | |
> Zweidrittelmehrheit im Senat. Es ist der umfangreichste Atomwaffenvertrag | |
> seit 40 Jahren. | |
Bild: Ernster Blick Obamas - dabei darf er sich über republikanische Stimmen f… | |
Das beste Weihnachtsgeschenk bescherten dem US-Präsidenten ausgerechnet die | |
Republikaner: Barack Obama steht mit dem START-Vertrag vor seinem größten | |
außenpolitischen Triumph. Der Ratifizierung des neuen Abkommens zur | |
atomaren Abrüstung steht in Washington praktisch nichts mehr im Weg. Schon | |
bei einer Testabstimmung am Dienstagabend (Ortszeit) kamen die Demokraten | |
mit 67 Stimmen auf eine gute Zweidrittelmehrheit. | |
Elf konservative Senatoren - zwei mehr als benötigt - votierten für den | |
umfassendsten Atomwaffenvertrag, den es seit über 40 Jahren zwischen den | |
beiden ehemaligen Mächten des Kalten Kriegs gegeben hat. Noch im Laufe des | |
Mittwochs wollten die Senatoren dann Ernst mit ihrem Votum machen, um | |
rechtzeitig in die Weihnachtsferien zu verschwinden. Dann soll der im April | |
vereinbarte Vertrag in Moskau ratifiziert werden. | |
Präsident Obama hatte dem als "New Start" benannten Abkommen mit Russland | |
eine so hohe Priorität beigemessen, dass er dafür seine Familie in den | |
Weihnachtsurlaub nach Hawaii vorfliegen ließ. Der nach den desaströsen | |
Midterm-Wahlen von vielen bereits angezählte Präsident steht kurz vor | |
Jahresende besser da als je zuvor. Er verbuchte mit der Abstimmung den | |
dritten großen überparteilichen Erfolg binnen einer Woche: Erst war seine | |
Steuerreform durchgegangen, dann hatte der Senat das diskriminierende "Dont | |
ask, dont tell"-Gesetz für Homosexuelle in der Armee gekippt. Nun zeigte | |
sich, dass er die Republikaner im Senat beim Atomwaffenabkommen spalten | |
konnte. | |
Obama hatte für den "Vertrag von nationalem Sicherheitsinteresse" in den | |
vergangenen Tagen und Wochen unermüdlich politische Mund-zu-Mund-Beatmung | |
bei den kritischen Republikanern gemacht. Unterstützt wurde er von | |
Verteidigungsminister Robert Gates sowie führenden Militärs wie | |
Generalstabschef Mike Mullen, der die Senatoren vor der Testabstimmung | |
erneut dazu aufrief, das Abkommen zu billigen. "Der Vertrag verbessert | |
unsere Fähigkeit zu tun, was wir als Militär tun sollen: die Bürger der USA | |
zu schützen und zu verteidigen. Je schneller er ratifiziert wird, desto | |
besser." Rückendeckung bekam Obama auch von führenden Republikanern wie | |
Expräsident George W. Bush, Exaußenministerin Condoleezza Rice oder dem | |
ehemaligen Verteidigungsminister Colin Powell. | |
Der neue START-Vertrag begrenzt die Zahl der stationierten, nuklearen | |
Langstreckenraketen auf beiden Seiten um bis zu 30 Prozent, das heißt: Der | |
Atomwaffenbestand schrumpft auf je 1.550 stationierte strategische | |
Nuklearsprengköpfe. Die Zahl der interkontinentalen Trägersysteme wird auf | |
je 700 begrenzt. Zwar wird im Vertrag jeder Sprengkopf einzeln gezählt. | |
Allerdings wird auch jeder amerikanische B-52-Bomber als einer gewertet, | |
obwohl er bis zu 20 Sprengköpfe an Bord hat. Das alte START-Abkommen von | |
1991 war Ende vergangenen Jahres ausgelaufen. Seitdem haben auch keine | |
gegenseitigen Inspektionen der Arsenale mehr stattgefunden. | |
"Das heutige überparteiliche Votum beseitigt eine entscheidende Hürde", | |
lobte der demokratische Senator und Vorsitzende des Komitees für auswärtige | |
Beziehungen, John Kerry. "Wir sind kurz davor, ein neues Kapitel in der | |
40-jährigen Geschichte des Ringens mit der Bedrohung durch Atomwaffen zu | |
schreiben." | |
Dieses Kapitel hatte allerdings in den vergangenen Wochen wiederholt an | |
einem seidenen Faden gehangen: Immer wieder starteten die Republikaner | |
Blockadeversuche, angeführt von Expräsidentschaftskandidat John McCain | |
sowie dem Oppositionsführer im Senat, Jon Kyle, beide aus Arizona. Kyle | |
kritisierte den Inhalt des Abkommens und verglich die Verhandlungen | |
zwischen Moskau und Washington mit einem unbedachten Autohandel. | |
Die Gegner befürchten vor allem, dass der Vertrag das geplante | |
US-Raketenabwehrprogramm in Osteuropa einschränken könnte. Sie versuchten, | |
den Senat zu Umformulierungen zu bewegen, die wiederum erneute | |
Verhandlungen mit Moskau nötig gemacht und das Projekt unter Umständen um | |
Monate verzögert hätten. Doch selbst Konservative lehnten das entschieden | |
ab. | |
22 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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