# taz.de -- Anschlag in Nordafghanistan: Deutscher Entwicklungshelfer getötet | |
> Ein deutscher Entwicklungshelfer ist Heiligabend bei einem Anschlag in | |
> Nordafghanistan ums Leben gekommen. Der Berater war ohne Sicherheitsteam | |
> unterwegs. | |
Bild: Die KfW-Entwicklungsbank-Filiale in Afghanistan. | |
BERLIN dapd | Ein deutscher Entwicklungshelfer ist bei einem Anschlag in | |
Nordafghanistan ums Leben gekommen. Wie das Entwicklungshilfeministerium in | |
der Nacht zum Samstag mitteilte, wurde an Heiligabend ein Fahrzeug der | |
deutschen Entwicklungszusammenarbeit beschossen, wobei ein Berater der KfW | |
Entwicklungsbank tödlich verletzt wurde. Deutsche Spitzenpolitiker sprachen | |
den Angehörigen des Getöteten ihr Beileid aus und übten scharfe Kritik an | |
den Drahtziehern des Anschlags. Wer allerdings dafür verantwortlich ist, | |
war nach Worten eines Ministeriumssprechers am Samstag noch nicht klar. | |
Der deutsche Entwicklungshelfer war bei dem Anschlag schwer verletzt worden | |
und später im Bundeswehrcamp Marmal seinen schweren Verletzungen erlegen. | |
Ein afghanischer Mitarbeiter erlitt bei dem Angriff leichte Verletzungen. | |
Insgesamt befanden sich vier Personen in dem Fahrzeug. Sie waren | |
Mitarbeiter eines Projekts, das den Bau einer Straße zwischen Kholm und | |
Kundus koordiniert. Wann der Leichnam nach Deutschland zurückgebracht | |
werden soll, war nach Angaben des Sprechers noch offen. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Anschlag als "feige" und | |
verurteilte ihn "aufs Schärfste". "Den Angehörigen gilt - erst recht | |
angesichts des Weihnachtsfestes - mein besonderes Mitgefühl und tiefes | |
Beileid", sagte Merkel. Dem Verletzten wünschte sie "eine rasche und | |
vollständige Genesung". Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle | |
verurteilte "die unmenschliche Tat". Westerwelle und | |
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel sprachen der Familie des Getöteten | |
und dem Verletzten ebenfalls ihr Mitgefühl aus. | |
Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, äußerte im | |
Namen seiner Fraktion ebenfalls Mitgefühl mit den Angehörigen. | |
"Entwicklungsarbeit lebt von dem Engagement und dem Mut von Menschen. Viel | |
zu oft werden in der Öffentlichkeit die damit verbundenen Risiken | |
vergessen", sagte er. | |
Deutliche Kritik übten die Politiker an den Verantwortlichen. "Der Anschlag | |
zeigt einmal mehr die Skrupellosigkeit der Terroristen: Sie haben kein | |
Interesse an einer besseren Zukunft des Landes, sondern wollen die | |
Wiederherstellung einer menschenverachtenden Gewaltherrschaft", sagte | |
Merkel. Sie erinnerte daran, dass die Arbeit der Entwicklungshelfer für den | |
Wiederaufbau Afghanistans "von mitentscheidender Bedeutung" sei. | |
Auch Niebel betonte, der Anschlag richte sich gegen die Interessen der | |
lokalen Bevölkerung. Er zeige einmal mehr die Gefahren auch des zivilen | |
Wiederaufbaus in Afghanistan, sagte der Minister. | |
Nach Ansicht Trittins zeigt der Anschlag, "wogegen sich der Aufstand der | |
Taliban richtet". Er betonte: "Sie kämpfen nicht gegen eine angebliche | |
Besatzung. Sie kämpfen gegen die Entwicklung ihres eigenen Landes und die | |
Verbesserung der Lebensbedingungen der eigenen Bevölkerung." | |
Unterdessen wurde Kritik laut, der Entwicklungshelfer und sein Team hätten | |
sich womöglich leichtsinnig verhalten. General Abdul Rauf Taj, | |
stellvertretender Sicherheitschef der Provinz Balkh, sagte Spiegel Online, | |
er verstehe nicht, warum der Berater ohne Sicherheitsteam aufgebrochen sei. | |
"Wir haben den Deutschen in den vergangenen Wochen mehrmals gewarnt, dass | |
die Fahrten in die Region extrem gefährlich sind", sagte Taj. "Außerdem | |
haben wir ihm Polizeischutz angeboten." | |
Im Entwicklungshilfeministerium wies man den Vorwurf zurück. Der | |
Sachverhalt müsse bewertet werden. Derzeit sei die Faktenlage aber noch zu | |
dünn, um Mutmaßungen anzustellen. | |
Bereits am Donnerstagabend war auf die in Afghanistan stationierten | |
Bundeswehrsoldaten ein Anschlag verübt worden. Die deutschen Angehörigen | |
der internationalen Schutztruppe ISAF wurden in der nordafghanischen | |
Provinz Takhar Ziel eines Sprengstoffanschlags, wie die Bundeswehr am | |
Freitag mitteilte. Verwundet wurde demnach niemand. Die Soldaten befanden | |
sich auf einer Patrouille im Gebiet der Provinzhauptstadt Talokan. | |
26 Dec 2010 | |
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