| # taz.de -- Illegale Finanzgeschäfte im Vatikan: Die Geldwäscher des Herrn | |
| > Wie das "Institut für religiöse Werke" zu einem Zentrum illegaler | |
| > Finanzgeschäfte wurde. Alles begann mit Casimir Paul Marcinkus – und | |
| > Partnern mit Mafia-Kontakten. | |
| Bild: Benedikt XVI. und Kardinäle am 20.12.2010. | |
| ROM taz | Mafia-Millionen, die über Jahre hinweg in die Schweiz geschleust | |
| wurden, ein Bankier, der nach dem Genuss eines zyankaliversetzten Espresso | |
| verstirbt, ein zweiter Banker, der tot unter einer Brücke hängt – immer | |
| wieder lieferte die Vatikanbank IOR Geschichten, wie man sie aus den | |
| finstersten Schurkenstaaten erwarten würde. | |
| Casimir Paul Marcinkus hieß der Bischof und spätere Kardinal, der die | |
| Vatikanbank zum Zentrum allerlei krimineller Geschäfte machte. 1971 zum | |
| Chef des Instituts für religiöse Werke berufen, fand er schnell zwei | |
| Partner aus der italienischen Finanzwelt, die genauso fest im Glauben und | |
| genauso skrupellos in der Abwicklung von Geschäften zur Not auch mit der | |
| Cosa Nostra waren: Michele Sindona und Roberto Calvi. | |
| Milliarden schoben die drei hin und her, über das IOR flossen die Gelder in | |
| Offshore-Paradiese der Karibik, wurden sie von dort teils in | |
| hochspekulative Geschäfte investiert, teils den Contra-Rebellen in | |
| Nicaragua oder der Solidarnosc-Gewerkschaft in Polen im Namen des Kampfs | |
| gegen den Kommunismus weitergereicht. | |
| Doch schon in den frühen Siebzigerjahren kamen Sindonas Banken in ernste | |
| Schwierigkeiten, machten schließlich Bankrott. Sindona ließ den | |
| Konkursverwalter eines seiner Bankhäuser erschießen - und erhielt dafür | |
| 1986 lebenslänglich. Absitzen musste er die Strafe jedoch nicht. Eine Tasse | |
| Kaffee brachte ihn nur wenige Tage nach Verkündigung des Urteils um. | |
| Derweil hatte Marcinkus im Bund mit Calvi einfach weitergemacht. Auch | |
| Marcinkus fuhr mit seinem sein Geldinstitut, dem Banco Amrosiano, 1981 eine | |
| Milliardenpleite ein. Diesmal aber kamen er und der Vatikan nicht mehr so | |
| einfach heraus. Schließlich hatte das IOR Bürgschaftsschreiben für Calvi im | |
| Wert von mehr als 1 Milliarde Dollar ausgestellt. Und schließlich wollte | |
| die italienische Justiz Marcinkus als einen der Mitverantwortlichen des | |
| Bankrotts vor Gericht bringen, ließ ihn gar per Haftbefehl suchen. Doch | |
| Calvi konnte nicht mehr reden: Er wurde 1982 mit einem Selbstmord, der | |
| keiner war, aus dem Weg geschafft; unbekannte Täter hängten ihn unter eine | |
| Themse-Brücke in London. Tags zuvor war seine Sekretärin aus dem Fenster | |
| ihres Mailänder Büros auf die Straße gestürzt. | |
| Doch Marcinkus kam davon. Italiens Kassationsgericht erklärte den Mann als | |
| Vatikanbürger für immun, und das IOR kam mit der "freiwilligen" Zahlung von | |
| 400 Millionen Dollar an die Calvi-Gläubiger davon. Neue, saubere Zeiten | |
| sollten 1989 nach der Ablösung Marcinkus von der IOR-Spitze beginnen; nie | |
| mehr sollten die Begriffe Geldwäsche oder Mafia in einem Atemzug mit dem | |
| Vatikan fallen. | |
| Doch die Sauberkeitsoffensive blieb auf halbem Wege stecken - wohl auch, | |
| weil viele der Marcinkus-Vertrauten im IOR auf ihren Schlüsselposten | |
| verharrten. So spielte das Institut Anfang der neunziger Jahre eine | |
| Schlüsselrolle, als es fürs Recycling der vom damals staatlichen Erdöl- und | |
| Chemiekonzern ENI an die italienischen Regierungsparteien gezahlten | |
| Mega-Schmiergeldsumme von über 100 Millionen Dollar gebraucht wurde. | |
| Abermals hieß es: Das IOR wird endlich sauber. Doch mehr als eine | |
| windelweiche Selbstverpflichtung kam in den vergangenen Jahrzehnten nicht | |
| heraus. Die Transaktionen der Vatikanbank blieben weiterhin jeder Kontrolle | |
| entzogen. | |
| 30 Dec 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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