# taz.de -- Verhandlungen um Hartz-IV-Reform: Von der Leyen bittet um Aufschub | |
> Millionen Hartz-IV-Empfänger wollen endlich wissen, wie viel Geld sie | |
> künftig bekommen. Doch die Einigung im Bundesrat verzögert sich offenbar. | |
> Die SPD wirft von der Leyen vor, auf Zeit zu spielen. | |
Bild: Mit leeren Händen will Arbeitsministerin von der Leyen in den Verhandlun… | |
BERLIN dpa |Hartz-IV-Empfänger müssen nach einem Bericht der Süddeutschen | |
Zeitung womöglich über Mitte Februar hinaus auf eine Einigung im Bundesrat | |
warten. Der Termin für die Verabschiedung der Hartz-IV-Reform durch den | |
Bundesrat am 11. Februar stehe in Frage. | |
Im Kern soll der Regelsatz im Arbeitslosengeld II von 359 auf 364 Euro | |
monatlich steigen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe | |
den Verhandlungsführern von Union, FDP, Grünen und SPD mitgeteilt, dass | |
geforderte Sonderauswertungen nicht rechtzeitig verfügbar seien. Die SPD | |
sei darüber verärgert, schreibt das Blatt. | |
Aus den Reihen der CSU kommen unterdessen Warnungen vor einem zu | |
kostspieligen Kompromiss mit der Opposition beim geplanten Bildungspaket | |
für Kinder von Hartz-IV-Empfängern. Der Bundesrat hatte Mitte Dezember die | |
vom Bundestag beschlossene Hartz-IV-Reform blockiert, die eine Erhöhung der | |
Hartz-IV-Sätze um fünf Euro pro Monat vorsieht. | |
Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Neuberechnung der Sätze bis zum 1. | |
Januar 2011 verlangt und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe sucht nun einen | |
Kompromiss. Von der Leyen habe der SPD-Verhandlungschefin, Mecklenburg- | |
Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig, geschrieben, dass sie erst | |
Ende Januar Ergebnisse der von der Opposition beantragten Nachberechnung | |
der Hartz-IV-Sätze vorlegen könne. | |
Das Statistische Bundesamt habe erklärt, für die Berechnungen mindestens 60 | |
Arbeitstage zu benötigen. Das Ministerium brauche weitere 30 Arbeitstage, | |
um die Ergebnisse zu prüfen. Von der Leyen wies das Statistikamt an, | |
einzelne Sonderauswertungen vorzuziehen, damit deren Ergebnisse Ende Januar | |
vorlägen. Dabei geht es um die Referenzgruppe innerhalb der | |
Geringverdiener-Haushalte. | |
Schwesig reagierte dem Bericht zufolge mit Unverständnis auf die | |
Verzögerungen. Die SPD-geführten Länder hätten bereits Ende September | |
entsprechende Berechnungen gefordert. Bis zum Treffen der Arbeitsgruppe am | |
7. Januar seien zumindest die für Ende Januar avisierten Auswertungen | |
unverzichtbar, fordere Schwesig. | |
Die Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern hat die Kompromisssignale | |
der Regierungsseite darüber hinaus als unzureichend zurückgewiesen. "Wir | |
waren in der Vermittlungsrunde am 21. Dezember schon weiter als das, was | |
die Arbeitsministerin jetzt als große Kompromissbereitschaft präsentieren | |
will", sagte Schwesig, Spiegel Online. "Ich gewinne den Eindruck, dass Frau | |
von der Leyen versucht, auf Zeit zu spielen." | |
Von der Leyen hatte sich in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa | |
offen gezeigt für eine Ausweitung des geplanten Bildungspakets für Kinder | |
auf Geringverdiener-Familien. Zudem hatte FDP-Fraktionschefin Birgit | |
Homburger einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche nicht länger | |
ausgeschlossen. | |
"Was ich bei von der Leyen und Homburger sehe, ist der Versuch, mit Punkten | |
und Teilaspekten zu schachern, an denen die Regierung sowieso nicht vorbei | |
kommt", sagte Schwesig. "Diese Salami-Taktik, scheibchenweise zwischen den | |
Jahren ein Zugeständnis anzudeuten, führt nicht weiter." | |
Von der Leyen habe viel Zeit gehabt, sich mit den Forderungen der SPD | |
auseinanderzusetzen, kritisierte die Sozialdemokratin. "Passiert ist kaum | |
etwas: Zur Schulsozialarbeit hat sie bisher gar nichts gesagt, genauso | |
wenig zur Frage, wie sie das von ihr geplante Bürokratiemonster korrigieren | |
will. Bei den Regelsätzen warten wir immer noch auf Zahlen, und das | |
angebliche Entgegenkommen bei Zeitarbeit-Mindestlöhnen reicht nicht. Die | |
Regierung wird bei der Öffnung des EU-Binnenmarktes im nächsten Jahr gar | |
nicht anders können, als einen Mindestlohn bei Zeitarbeit einzuführen." | |
Im Vermittlungsverfahren warnt CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich | |
derweil vor einer zu teuren Einigung beim geplanten Bildungspaket. "Wir | |
sollten beachten: Je mehr wir das Bildungspaket ausweiten, desto größer | |
wird der Personalbedarf", sagte Friedrich dem Hamburger Abendblatt. Er | |
erinnerte daran, dass die Koalition beim derzeitigen Sachstand bereits mit | |
einer Personalstärke von bundesweit 1300 Mitarbeitern rechne, die sich um | |
das Bildungspaket kümmern sollen. Zuvor hatte von der Leyen signalisiert, | |
das Paket auch für Kinder von Wohngeldbeziehern zu öffnen. | |
31 Dec 2010 | |
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