# taz.de -- Verfahren gegen nichtkommerzielles Radio: Ungarns Zensurbehörde di… | |
> Die ungarische Medien-Zensurbehörde hat zugeschlagen: Gegen das | |
> nichtkommerzielle Radio Tilos wurde wegen des Songs "It's on" von | |
> Gangstarapper Ice-T ein Verfahren eingeleitet. | |
Bild: Nicht nur in Ungarn gefürchtet: Ice-T-Graffiti in Los Angeles. | |
Ungarns Mediengesetz war erst wenige Stunden in Kraft, da fand die | |
Zensurbehörde NMHH am Neujahrstag bereits ihr erstes Opfer. Gegen das | |
nichtkommerzielle Tilos Radio wurde ein Verfahren eingeleitet. Nicht Kritik | |
am autoritären Durchmarsch der Regierung von Viktor Orbán war der Anlass, | |
sondern die Ausstrahlung eines Gangstarap-Songs, dessen Text als | |
jugendgefährdend eingestuft wurde. | |
"It's on" von Ice-T strotzt vor Rassismus, Sexismus und Anspielungen auf | |
Drogenhandel und Gewalt gegen Polizisten, vorgebracht im Slang der | |
schwarzen Straßenkids. Im Refrain sind Schüsse zu hören. Das Budapester | |
Tilos Radio, das 1991 als Piratensender begann und dann als Community Radio | |
legalisiert wurde, setzt sich für eine offene Gesellschaft ein und lebt von | |
den Spenden der Hörerinnen und Hörer. Eine Strafzahlung, wie sie das | |
Mediengesetz vorsieht, könnte den Ruin bedeuten. | |
Da die Zensurstelle ihre Entscheidung nicht weiter begründen muss, hängt | |
die volle Beweislast bei Tilos Radio. Dessen Verantwortliche führten an, | |
dass die Hörer den vulgären Slang ohnehin nicht verstünden. Dem haben nun | |
die Zensoren der NMHH abgeholfen, indem sie ihrer Entscheidung eine | |
Übersetzung der Gewaltode beilegten. | |
Begeistert reagierte der 52-jährige Rapper Ice-T in einer | |
Twitter-Botschaft: "Großartig! Die Welt hat immer noch Angst vor mir. | |
Hahaha." Vor 20 Jahren hatte er als Frontmann von Body Count in den USA mit | |
"Cop Killer" eine ähnliche Kontroverse ausgelöst. | |
Mit subtiler Polemik antwortete die letztes Jahr abgewählte sozialistische | |
MSZP. In einem offenen Brief stellte sie der NMHH die Frage, ob sie die von | |
ihr veröffentlichte Übersetzung des Rap-Textes selbst finanziert habe und | |
ob diese als "amtliche" Übersetzung zu betrachten sei. Denn die | |
Veröffentlichung einer fremden Übersetzung würde urheberrechtliche Probleme | |
aufwerfen. | |
2 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flashmob gegen Mediengesetz: Mit Glühwein und Ice-T | |
Meinungsfreiheit aus der Boombox: In Berlin gab es Proteste gegen Ungarns | |
neues restriktives Mediengesetz. Vor der ungarischen Botschaft | |
demonstrierten rund 50 Aktivisten. | |
Kritik aus Polen für Ungarns Mediengesetz: Alle schweigen, außer Applebaum | |
Kein polnischer Politiker reagierte offiziell auf Ungarns Mediengesetz. Nur | |
Anne Applebaum, Frau des Außenministers, schrieb einen Artikel in der | |
"Washington Post". | |
Ungarns umstrittenes Mediengesetz: "Es wird noch krasser" | |
Viktor Orbán und sein Kabinett verunglimpfen Gegner des neuen | |
Mediengesetzes. Intellektuelle werden zu "Verrätern", die ausländische | |
Medien in die Irre führen. | |
Essay Neues Mediengesetz: Das ungarische Desaster | |
Das neue Mediengesetz ist nur die Spitze einer Entwicklung: Ungarns | |
Regierungschef Viktor Orbán ist weit vorangekommen bei seinem autoritären | |
Umbau. | |
Umstrittenes Mediengesetz in Ungarn: Orban weist Kritik scharf zurück | |
Der ungarische Regierungschef Orban will das umstrittene neue Mediengesetz | |
"auch im Traum" nicht ändern. Schriftsteller Konrad fühlt sich an die | |
Machtübernahme der Nazis 1933 erinnert. | |
Kommentar Ungarisches Mediengesetz: Auf dem Weg zur Diktatur | |
Ministerpräsident Orban wird sich nicht scheuen, Einfluss auf die | |
ungarischen Medien zu nehmen. Dafür hat er sich das Gesetz ja ausgedacht. |