# taz.de -- Dokumentation "Die Anwälte": Geschichte eines deutschen Trios | |
> Gemeinsam verteidigten sie RAF-Mitglieder: Schily, Ströbele und Mahler. | |
> "Die Anwälte" (Freitag, 21.55, Arte) versucht, die drei Persönlichkeiten | |
> zu erklären. | |
Bild: Seitdem hat sich viel getan - nicht nur optisch: Schily und Ströbele 197… | |
Es gab einmal drei Anwälte. Die verteidigten Seite an Seite RAF-Mitglieder | |
und andere Protagonisten der 68er-Bewegung. Dann trennten sich ihre Wege - | |
und dreißig Jahre später war aus dem einen ein Holocaust-Leugner mit | |
entzogener Anwaltslizenz, ein Grünen-Urgestein mit Direktmandat und ein | |
Innenminister mit Hang zur scharfen Sicherheitspolitik geworden. | |
Diese drei Herren sind Horst Mahler, Hans-Christian Ströbele und Otto | |
Schily. Ihre Lebensläufe sind so bewegt, dass man jeden Drehbuchautor damit | |
wieder nach Hause schicken würde - mit dem Hinweis, dass das doch etwas zu | |
dick aufgetragen sei. Ein toller Stoff also für Dokumentarfilmerin Birgit | |
Schulz, die 2002 das Glück hatte, alle drei für Interviews vor ihre Kamera | |
zu bekommen. Ein Stoff, der neugierig macht. | |
Vielleicht, so die Hoffnung, kann der Film nachvollziehbarer machen, was um | |
alles in der Welt eigentlich Horst Mahler auf die lange Reise von links | |
außen nach rechts außen schickte. Oder zeigen, wie kurz die eigentlich ist. | |
Vielleicht bekommt man dort erklärt, wie aus dem Terroristenverteidiger | |
Otto Schily, der das Recht auf Widerstand betonte, ein Minister auf | |
Terrorjagd wird. | |
Doch "Die Anwälte" scheitert daran, diese Entwicklungen verständlich zu | |
machen. Kramt zur Begründung von Schilys Wende hin zum Sicherheitsfanatiker | |
das dauerwiederholte Filmmaterial von den einstürzenden | |
11.-September-Türmen hervor und lässt ihn die Plattitüde "Nur Idioten | |
ändern sich nicht" sagen. | |
Noch kruder wird es bei Horst Mahler: Er darf sich seine Hinwendung zum | |
Nationalismus damit zurechthegeln, dass er im Gefängnis eben viel Hegel | |
gelesen habe, so lernte, dass nur im Widerspruch Wahrheit liege - und dann | |
ein neues Verhältnis zum Nationalsozialismus in sich erspürt. Doch statt an | |
diesem Knackpunkt weiterzubohren, wendet Filmemacherin Schulz den Blick ab | |
- hin zu Schily, der sich erinnern darf, wie er als Junge einmal ein Loch | |
bis zum Erdmittelpunkt buddeln wollte. | |
Ansonsten verliert sich die Dokumentation oft darin, mit Archivmaterial die | |
Stationen im Leben der Protagonisten nachzuerzählen. Das ist kurzweilig, | |
bietet aber wenig neue Einblicke, ist eher so, als würde man in einem | |
Geschichtsbuch blättern. Und doch lässt der Film die Gelegenheit, diesen | |
Männern näher zu kommen, nicht ganz ungenutzt. Besonders Schily, der als | |
Innenminister oft so hart und arrogant auftrat, bekommt im Interview | |
weichere Konturen - etwa, wenn er sich zerknirscht die Schuld daran gibt, | |
dass in den Siebzigern seine damalige Klientin, die RAF-Aktivistin Kathrin | |
Hammerschmidt, in Haft starb. | |
Spannend wird es auch, wie die drei Männer übereinander reden: wenn Mahler | |
hervorhebt, wie rührend sich Ströbele in den Siebzigern um seine Familie | |
kümmerte, während er im Gefängnis saß. Wenn Schily Mahler einen "tragischen | |
Fall" nennt und sich sonst meist betreten über ihn ausschweigt. So ist "Die | |
Anwälte" am Ende doch eine Dokumentation, die es wert ist, angesehen zu | |
werden. Auch wenn man am Ende ein wenig enttäuscht ist. | |
7 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
Meike Laaff | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Christian Ströbele | |
Schwerpunkt Christian Ströbele | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Horst Mahler und die Stasi: Naivität mit starkem Pathos | |
Horst Mahler hat zugegeben, IM der Stasi gewesen zu sein. Welche Hinweise | |
darauf gibt es in den Unterlagen der Staatssicherheit? Eine chronologische | |
Rekonstruktion. | |
Christian Ströbele über grüne Höhenflüge: "Kein Paradies versprechen" | |
Hans-Christian Ströbele freut sich auf die greifbar nahe Machtübernahme in | |
Berlin durch Renate Künast und warnt zugleich vor allzu großen Hoffnungen. |