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# taz.de -- Kommentar neue Agrarwende: Mit dieser Regierung? Warum nicht!
> Es mutet wie Öko-Science-Fiction an, aber die Initiative für eine neue
> Agrarwende eröffnet reale Perspektiven. Nur Schwarz-Gelb kann sie bei den
> Bauern durchsetzen.
Bild: Miss Piggy, die Schweinedame, liegt im Müll. "Alles ist vergiftet" laute…
Es klingt absurd: Wegen so einem bisschen Dioxin im Frühstücksei eine
Agrarwende lostreten? Immerhin haben wir Gammelfleisch, Pestizide im Gemüse
und Rinderwahn überstanden, ohne dass sich viel geändert hat. Tatsächlich
war bei BSE die akute und gefühlte Bedrohung des Einzelnen deutlich höher
als bei den Dioxinfunden im Futterfett, in Eiern und Fleisch.
Aber die Lage hat sich geändert. Insofern haben die Wissenschaftler und
Umweltschützer recht, wenn sie jetzt zur "Agrarwende 2.0" aufrufen.
EU-Kommission und EU-Parlament wollen vorsichtig umsteuern, die Bauern
merken, dass es so nicht weitergeht, und immer mehr Kunden greifen nur mit
schlechtem Gewissen zu Wurst und Hähnchenschnitzel, die ein
Gesundheitsrisiko bedeuten. Daher ist es strategisch geschickt, wenn sich
die Aktivisten jetzt die Tierhaltung vornehmen: Hier wird mit einem Blick
hinter die Türen deutlich, woran das System krankt.
Es mutet wie Öko-Science-Fiction an, aber die Initiative eröffnet reale
Perspektiven. Denn nur eine schwarze Regierung kann schmerzhafte
Einschnitte bei der eigenen Klientel, den Bauern, durchsetzen. So wie nur
Rot-Grün damit beginnen konnte, deutsche Soldaten zu Kampfeinsätzen ins
Ausland zu schicken. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung des Landvolks als
Stimmvieh ab. Die Wählerschichten, die die CDU anpeilt, sind jung,
gebildet, urban und weiblich - Verbraucherinnen, die in den täglichen
Konsumentscheidungen längst ideologiefrei nach der Biowurst greifen. Hier
bekommt die Union durchaus Druck, sich zu bewegen.
Verbraucherschutz(!)ministerin Ilse Aigner (CSU) muss ihr Image loswerden,
Schutzpatronin der Agrarindustrie zu sein. Denn was die Regierung
angesichts der vielen Landtagswahlen im Jahr 2011 auf keinen Fall brauchen
kann, ist eine Debatte darüber, warum sie nach den Hoteliers oder den
Bankern schon wieder und immer noch eine kleine lautstarke Lobbygruppe
bevorzugt. Sonst kommt noch jemand auf die Idee und fordert analog zum
Ministerium für Bauern auch eines für Bäcker oder Elektriker. Die CSU hat
sich wegen des Protests ihrer Basis ja bereits gegen die Gentechnik auf dem
Acker ausgesprochen. Da könnte sich Ilse Aigner auch in dieser populären
Frage an die Spitze der Bewegung setzen. Nichts hindert eine Ministerin
daran, aus Schaden klüger zu werden.
11 Jan 2011
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Kommentar Dioxinskandal: Löst das Ministerium auf!
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Jetzt auch noch die Schweine! Doch reicht es für alle, wenn wir aus der
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