| # taz.de -- "Die Akte Lindenberg": Udos langer Weg in den Palast | |
| > Udo Lindenberg durfte 1983 in der DDR auftreten - begleitet von Reinhold | |
| > Beckmann als Tonassistent. In "Die Akte Lindenberg" (ARD, 23.30 Uhr) | |
| > erinnert sich der Talkmaster. | |
| Bild: Lang ist's her: Udo Lindenberg, mit altbekanntem Hut, neben Reinhold Beck… | |
| Gähnend hängt Udo Lindenberg im samtgepolsterten Kinosessel im Berliner | |
| Soho House. Den Film über seinen Auftritt in der DDR kennt er schon. Aber | |
| der NDR hat zur Pressevorführung geladen - und was tut man nicht alles für | |
| einen Publikumserfolg? | |
| Am 25. Oktober 1983 trat Lindenberg zum ersten und einzigen Mal in der DDR | |
| auf. Bis es zu diesem Konzert im Palast der Republik kam, dauerte es sieben | |
| Verhandlungsjahre. Diese Geschichte erzählt der heutige ARD-Talkmaster und | |
| damalige Tonassistent Reinhold Beckmann mit Regisseur Falko Korth in der | |
| "Akte Lindenberg". Während der junge Beckmann neben Lindenberg im Auto zum | |
| Palast der Republik fuhr, sah sich der Ostdeutsche Korth die Show im | |
| Fernsehen an. | |
| Lindenberg hatte viele Fans in der DDR, sein rebellischer Hippieschlager | |
| wurde auf ostdeutschen Plattenspielern verbotenerweise rauf und runter | |
| gehört. Doch die Genossen wollten den, wie die Stasi notierte, | |
| "mittelmäßigen Schlagersänger aus der BRD" nicht auftreten lassen. Aus | |
| Angst, bei einem Konzert könnten "Rock 'n 'Roll und Reiselust | |
| rüberschwappen und einen Aufruhr der Ostjugend provozieren", sagt | |
| Lindenberg heute. | |
| Als er sich in den Achtzigern gegen die Stationierung von US-Raketen in der | |
| BRD engagierte, gewannen die SED-Funktionäre Interesse an ihm. "Uns waren | |
| alle willkommen, die sich gegen die amerikanischen Raketen einsetzten", | |
| sagt Egon Krenz, damals FDJ-Vorsitzender, im Interview mit Beckmann. Krenz | |
| wollte sein Image mit Lindenberg aufpolieren. Und Erich Honecker, der | |
| Staatsratsvorsitzende der DDR, kam darüber hinweg, dass der Sänger ihn im | |
| Song "Sonderzug nach Pankow" "Honni" nannte. So durfte Lindenberg | |
| schließlich auftreten - vor linientreuen FDJ-Fans, aber vor allem vor | |
| Kameras. Eine Gelegenheit, die er nutzte, um auch gegen sowjetische Raketen | |
| in der DDR zu protestieren. Während seine echten Fans draußen vor dem | |
| Palast mit Wachmännern kämpften. | |
| "Die Zuschauer fanden Udo zwar gut, aber sie applaudierten nicht mehr für | |
| ihn als für die DDR-Musiker", sagte Thomas Schmitt, der damals für den WDR | |
| einen Beitrag über die Reise produzierte. Sein einstiger Lehrling Beckmann | |
| erzählt in der Doku, wie sein Filmteam Lindenberg verfolgte, als er vor dem | |
| Konzert den Stasibewachern entwischte, um die Fans vor dem Palast zu | |
| grüßen. Schmitt kann sich daran nicht erinnern. | |
| "Die Akte Lindenberg" zeigt, wie paranoid die DDR-Granden schon 1983 waren, | |
| als im Westen noch keiner an den Mauerfall dachte: Die höchsten Männer im | |
| Staat befassten sich mit Konzerten, die Stasi überwachte Westsänger und | |
| nahm willkürlich Fans fest. "Dass so viel Intelligenz und Zeit darauf | |
| verschwendet wurde, uns zu observieren, das fanden wir ja ganz lustig", | |
| sagt Lindenberg. "Aber wie die Stasi zugeschlagen hat, das war eine böse | |
| Überraschung." | |
| Beckmann und Korth haben eine Geschichte ausgegraben, die erzählt werden | |
| musste. Aber warum jetzt? Beckmann sagt, er wollte den Film immer schon | |
| machen. Dass er nun am Tag der Premiere seines Musicals "Hinterm Horizont" | |
| ausgestrahlt wird, dürfte zumindest Lindenberg gut gepasst haben. | |
| 13 Jan 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Strothjohann | |
| ## TAGS | |
| Udo Lindenberg | |
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