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# taz.de -- "Afropolis" im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum: Der Ort, an dem …
> Eine Kölner Ausstellung eröffnet wissenschaftliche und künstlerische
> Zugänge zum Alltag in den afrikanischen Megametropolen Kairo, Lagos,
> Nairobi, Kinshasa und Johannesburg.
Bild: Vogelschau auf die nigerianische Megametropole Lagos.
"Afropolis. Stadt Medien Kunst" ist der Titel der ersten Sonderausstellung
im kürzlich eingeweihten Neubau des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln.
Thema sind die dynamischen Prozesse, die das großstädtische Leben in fünf
afrikanischen Metropolen prägen. Der Titel ist Programm: Zunächst fordert
er die fortbestehende Idee heraus, Afrika sei ein überwiegend ländlicher
Kontinent. Im Gegensatz zu dieser verbreiteten Vorstellung lebt ein
beträchtlicher Teil der durchschnittlich jungen Bevölkerung Afrikas in den
rasant wachsenden Millionenstädten. Jüngere stadtsoziologische Forschungen
sowie eine Reihe internationaler Ausstellungen, die sich mit Urbanismus in
Afrika auseinandergesetzt haben, bilden das Fundament, auf dem Afropolis
aufbaut.
Die Kuratorinnen Kerstin Pinther und Larissa Förster sowie der Kurator
Christian Hanussek greifen zudem mit der Wahl des Titels das Konzept des
"Afropolitanismus" auf, einer spezifischen Form des Kosmopolitismus, der
dem in Südafrika lehrenden Wissenschaftler Achille Mbembe zufolge das Leben
in den Megalopolen Afrikas präge. So öffnen sie die kuratorische
Perspektive für die transnationalen Dynamiken, in die die Städte
eingebunden sind.
Mit Blick auf die fünf Metropolen Kairo, Lagos, Nairobi, Kinshasa und
Johannesburg werden urbane Kulturen afrikanischer Großstädte exemplarisch
befragt. Ihre Heterogenität will die Ausstellung aus dem städtischen Leben
selbst heraus verstehen. Hierbei verzahnt das Konzept wissenschaftliche mit
künstlerischen Zugängen. Statt Überblicksansichten der porträtierten Städte
zu entwerfen, werden selektive Schwerpunktsetzungen vorgenommen. Die
KuratorInnen beleuchten mit der Wahl der Beiträge besonders das soziale und
kulturelle Leben der Stadtbevölkerung, die - so die These - durch ihre
Alltagstätigkeiten die Stadt erst erschafft. Nicht infrastrukturelle Mängel
stehen im Fokus, sondern die Praxen der Menschen.
Das Ausstellungsdesign schafft mit fünf - an den Hollywood-Schriftzug in
Los Angeles erinnernden - Städtenamen eine übersichtliche Topografie in der
dicht bestückten Ausstellung. Eine knapp gehaltene Stadtgeschichte bietet
jeweils einen informativen Hintergrund für die unterschiedlichen
thematischen Schwerpunkte der Städtekapitel, in denen sich künstlerischen
Positionen und dokumentarischen Beiträge verschränken. Letztere fokussieren
einschneidende kulturgeschichtliche Entwicklungen, die sie durch
historische Dokumente darstellen.
Beispielsweise stellt der dokumentarische Teil des Ausstellungskapitels
Kinshasa die hochproduktive Musikszene der kongolesischen Hauptstadt vor,
deren Schallplatten jahrzehntelang über den afrikanischen Kontinent hinaus
Popularität genossen. Durch die Strukturanpassungsprogramme von Weltbank
und Internationalem Währungsfonds in den 1980er Jahren stark eingeschränkt,
entwickelten die MusikerInnen transnationale Strukturen und produzieren
seither einen Teil ihrer Aufnahmen in Paris.
Den Stadt-Stationen zugeordnet sind die über dreißig in der Ausstellung
vertretenen Positionen von Künstlerinnen und Künstlern, die nicht nur in
den Städten arbeiten, sondern diese auch in unterschiedlichen Medien zu
ihrem Gegenstand machen. Die KuratorInnen stellen dabei Arbeiten in den
Vordergrund, die auf umfassenden Recherchen fußen sowie kommentierend und
verändernd in die urbanen Strukturen eingreifen: Ein Beispiel ist die
Arbeit "Trolley Project" (2009) des Künstlers Ismail Farouk. Er realisierte
im südafrikanischen Johannesburg mit mosambikanischen und simbabwischen
Gepäckbeförderern ein partizipatives Projekt, das nicht nur den Wandel von
einer durch die Apartheidspolitik segregierten Stadt zu einer
panafrikanischen Metropole zeigt, sondern auch auf eine Legalisierung der
Tätigkeit der kriminalisierten Arbeiter zielt.
Durch das Prisma der künstlerischen Arbeiten werden die Eigenheiten der
urbanen Kulturen in den porträtierten Megalopolen sichtbar. In den
Resonanzen zwischen den individuellen Zugängen scheinen auch
Charakteristika großstädtischer (Sub-)Kulturen auf, die über die
Einzelpositionen hinausweisen. Während die Installation "Tozokende Wapi?"
(Wohin gehen wir?, 2010) des Künstlerkollektivs SADI anhand der
Hinterlassenschaften der BewohnerInnen von Häusern des Stadtteils Kindele
in Kinshasa, die durch Erosion zerstört wurden, die Frage nach der Zukunft
des Lebens in diesem Viertel stellt, zeigt das Projekt "Majesty Wholesale"
(2010) von Naomi Roux und Hannah Le Roux die soziale Biografie eines Hauses
in der Johannesburger Innenstadt. Am Beispiel seines äußeren Wandels werden
die Aneignungsprozesse deutlich, die die Nutzung des modernen Gebäudes
sukzessive verändert haben. Wem gehört die Stadt und wie wird sie gelebt?
Das ist die zentrale Frage der Ausstellung.
17 Jan 2011
## AUTOREN
Lotte Arndt
## TAGS
Postkolonialismus
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