# taz.de -- Kommentar Agrarmarkt: Die Vermarktung des Lebens | |
> Nahrungsmittel dürfen nicht zum Spielball der Finanzjongleure werden. | |
> Denn diese Spekulationsgeschäfte werden auf dem Rücken der Armen | |
> abgeschlossen. | |
Bild: Ups, da hab' ich wohl was vergessen: Der Industriekommissar der EU-Kommis… | |
Nahrungsmittel dürfen nicht zum Objekt von Zockern werden. Mit der | |
Forderung nach mehr Transparenz und Regeln auf den internationalen | |
Agrarmärkten geht Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner heute auf | |
einen internationalen Agrargipfel am Rande der Grünen Woche in Berlin. | |
Damit will sie immer extremere Preisausschläge bei Lebensmitteln weltweit | |
verhindern. Schließlich handle es sich dabei um besondere Waren, begründet | |
Aigner ihren Vorstoß: Hier gehe es um Menschenleben. Wie wahr. | |
Doch die Zockerei beginnt schon viel früher: wenn etwa Futtermittelfirmen | |
darauf spekulieren, beim Panschen von Industrie- und Futterfett nicht | |
erwischt zu werden. Oder wenn Discounter durch Preisdumping einander Kunden | |
abjagen - was nur funktioniert, weil sich die Herstellerpreise durch | |
naturzerstörende industrielle Anbaumethoden und widerwärtige | |
Massentierhaltung noch weiter drücken lassen. | |
Die derzeitige Spekulationsorgie auf den globalen Märkten für | |
Agrarrohstoffe und der Dioxinskandal in Deutschland - sie sind offenbar | |
zwei Seiten derselben Medaille. Von der Produktion über den Handel bis zum | |
Endabnehmer werden Lebensmittel einer brutalen Marktlogik unterworfen. | |
Dabei haben Produzenten, Händler und nicht zuletzt auch Regierungen und | |
Käufer geflissentlich ignoriert, um was für ein Produkt es sich handelt: um | |
Mittel zum Leben. | |
Vielleicht ist jetzt die Chance gekommen, eine Wende einzuleiten. Denn in | |
zwei Dingen ist sich die Bevölkerung weitgehend einig: in der Verurteilung | |
industrieller Massentierhaltung und der von Spekulationsgeschäften, die auf | |
dem Rücken der Armen dieser Welt abgeschlossen werden. | |
Wenn die Agrarministerin in diesen beiden Fragen endlich entschlossen | |
auftritt - das Wahlvolk stünde hinter ihr. | |
21 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ressourcenstrategie der EU-Kommission: Streit über Rohstoffspekulation | |
Die EU-Kommission hat die Präsentation ihrer Ressourcenstrategie verschoben | |
- etwas fehlt nämlich: Die Regulierung der Rohstoffmärkte. Das soll jetzt | |
nachgebessert werden. | |
Futtermittel für die Tierzucht: Das fressen die Schweine | |
Früher durften Schweine sogar Mettwurst speisen. Heute heißt es: Sack | |
aufreißen, ausschütten, Wasser dazu, fertig! Ein Blick in die Futtertröge. | |
Steigende Lebensmittelpreise: Spekulanten droht eine Diät per Gesetz | |
Die Agrarmärkte sollen reguliert werden, damit die Preise nicht mehr | |
künstlich in die Höhe getrieben werden. Auf dem Agrargipfel will Ministerin | |
Aigner die Idee vorstellen. | |
Interview Verbraucherministerin Ilse Aigner: "Ich muss mehr auf den Putz hauen" | |
Lebensmittel müssen einfach mehr Wertschätzung erfahren, sagt Ilse Aigner | |
(CSU). Die Massentierhaltung stellt sie nicht infrage. Ein Gespräch über | |
Ministergebaren, Essen und andere Stilfragen. | |
Die neue Foodbürger-Bewegung: Power to the Bauer | |
An der Demo "Wir haben es satt" werden mindestens 5000 Menschen teilnehmen. | |
Der Dioxin-Skandal hat mobilisiert. Für einen Systemwechsel in der | |
Agrarpolitik braucht es aber mehr. |