# taz.de -- Todesstrafe in den USA: Aufschub dank Nachschubsorgen | |
> In den USA geht ein Bestandteil des Hinrichtungs-Cocktails aus, weil der | |
> Hersteller es nicht mehr produziert. Exekutionstermine sind plötzlich | |
> ungewiss. Und ein Ersatzmittel heftig umstritten. | |
Bild: Gefangene, die in den USA in ihren Zellen auf die Hinrichtung warten, erh… | |
WASHINGTON dpa | Viele Todeskandidaten in den USA können mit einer | |
unverhofften Galgenfrist rechnen. Mehrere US-Bundesstaaten müssten die | |
Vollstreckung von Todesurteilen aufschieben, weil ein bei Hinrichtungen | |
verwendetes Betäubungsmittel nicht mehr lieferbar ist, hieß es am Samstag | |
in US- Medien. Der einzige in den USA zugelassene Hersteller erklärte, den | |
Stoff nicht weiter produzieren zu wollen. | |
Ersatz bietet derzeit nur ein Tiernarkosemittel, dessen Anwendung heftig | |
umstritten ist. Eigentlich wollte der Hersteller Hospira das Narkosemittel | |
Natrium-Thiopental in Italien weiterproduzieren, nachdem die US-Produktion | |
im August 2009 wegen eines Engpasses bei einem chemischen Bestandteil | |
gestoppt wurde. Doch das EU-Land habe die Ausfuhr des Medikaments in die | |
USA verboten, weil es dort zu Hinrichtungen verwendet werde. Hospira habe | |
deswegen entschieden, den Stoff ganz vom Markt zu nehmen. | |
In den USA hat der Hersteller nach eigenen Angaben keine Produktionsstätte | |
mehr für den Wirkstoff. "Das wird ganz eindeutig ein Problem für viele | |
Staaten sein", sagte Richard Dieter vom Todesstrafen-Informationszentrum in | |
Washington. Die Suche nach Ersatzstoffen und deren Zulassung für | |
Exekutionen könnten Monate oder gar länger dauern. Auch die deutsche | |
Pharmaindustrie soll das Betäubungsmittel nicht liefern - so lautet nach | |
Informationen der Süddeutschen Zeitung ein Appell von | |
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). | |
Per Brief habe Rösler Herstellerfirmen gebeten, entsprechende Anfragen aus | |
den USA zu ignorieren. "Soweit Ihre Firma Thiopental-Natrium enthaltende | |
Arzneimittel in Verkehr bringt, möchte ich Sie eindringlich bitten, solchen | |
Lieferungsersuchen nicht zu entsprechen", heißt es dem Zeitungsbericht | |
zufolge in dem Schreiben. | |
Natrium-Thiopental ist einer von drei Bestandteilen des Giftcocktails, der | |
für Hinrichtungen in den USA verwendet wird. Dabei wird zunächst das | |
Natrium-Thiopental verabreicht, um den Todeskandidaten bewusstlos zu | |
machen. Zwei danach verwendete Mittel führen zur Lähmung und schließlich | |
zum Herzstillstand. | |
Bereits im vergangenen Jahr hatten die Nachschubprobleme dazu geführt, dass | |
etwa in Kentucky oder Kalifornien Exekutionen verschoben wurden. Vielerorts | |
sind zwar noch Rationen vorhanden, allerdings läuft deren Haltbarkeitsdatum | |
bald ab, wenn es nicht schon überschritten ist. Nur noch wenige Exekution | |
können deshalb wie geplant durchgeführt werden. | |
Arizona ließ sich das Natrium-Thiopental für eine Hinrichtung im Oktober | |
wegen des Mangels sogar von einem britischen Hersteller liefern, der in den | |
USA nicht zugelassen ist. Das Oberste Gericht hatte die Anwendung zwar | |
dennoch erlaubt, aber auch die britische Firma will das Mittel wegen der | |
EU-Vorschriften nicht mehr in die USA liefern. | |
Oklahoma ersetzte den fehlenden Stoff dagegen bereits mehrfach mit einem | |
Medikament zum Einschläfern von Tieren. Das löste vor allem bei Gegnern der | |
Todesstrafe massive Kritik aus. Sie argumentieren, die Substanz sei für den | |
Zweck unerprobt und ihre Anwendung eine grausame Strafe, vor der Häftlinge | |
laut Verfassung geschützt seien. Die Todesstrafe wird in 35 | |
US-Bundesstaaten verhängt. Fast alle davon richten ihre Häftlinge mit der | |
Giftspritze hin. | |
23 Jan 2011 | |
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