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# taz.de -- Hinrichtungen in den USA: Tödlicher Stoff dringend gesucht
> 3.000 Menschen warten in den USA auf ihre Hinrichtung. Da das dafür
> verwendete Gift in den USA nicht mehr produziert wird, versuchen die
> US-Behörden im Ausland einzukaufen.
Bild: 38 Menschen wurden im vergangenen Jahr in den USA hingerichtet. Zum Beisp…
WASHINGTON taz | "Wir stellen die Produktion von Pentothal ein." Diese
Pressemitteilung des Pharmakonzerns Hospira verändert die
Hinrichtungspraxis in 34 der 35 US-Bundesstaaten, die weiterhin
Todesurteile vollstrecken. Bislang haben sie alle "Pentothal" als
Narkosemittel in ihren letzten Spritzen benutzt. Zusätzlich mischten sie
ein Muskellähmungsmittel sowie eines, das zum Herzstillstand führt, in den
tödlichen Cocktail.
Der in Illinois ansässige Konzern Hospira war der einzige US-Hersteller des
Narkosemittels "Pentothal" mit dem Wirkstoff Natrium-Thiopental. Nachdem
das Mittel aus der Schmerzbehandlung und Narkose weitgehend durch andere
Präparate verdrängt worden war, diente es hauptsächlich für
Hinrichtungszwecke.
Schon im Jahr 2007 tauchten erste Nachschubprobleme auf. Damals wurde die
Produktion in einem Werk in den USA wegen Qualitätsmängeln ausgesetzt.
Hospira, dessen Name laut Selbstdarstellung des Konzerns aus dem
Lateinischen abgeleitet ist und "Hoffnung und Optimismus" ausdrücken soll,
versuchte daraufhin, die Produktion von Pentothal in sein Werk in Liscate
bei Mailand in Norditalien zu verlagern.
Dafür, dass dieses Vorhaben der Produktionsverlagerung gescheitert ist, hat
das italienische Parlament gesorgt. Es verlangte Garantien, dass das Mittel
nicht zu Hinrichtungen eingesetzt wird. In der am Freitag veröffentlichten
Pressemitteilung erklärt Hospira: "Wir können nicht das Haftpflichtrisiko
eingehen, das uns die italienischen Behörden auferlegen, wenn das Mittel
bei Todesstrafen eingesetzt wird."
In den USA wurden im vergangenen Jahr 38 Menschen hingerichtet. Seit 1976
starben insgesamt 1.226 Menschen in den USA auf richterliche Entscheidung.
Die Bundesstaaten, die am meisten hinrichten, sind - in dieser Reihenfolge
- Texas, Virginia, Oklahoma, Florida und Missouri. Die Bundesstaaten, die
zwar an der Todesstrafe festhalten, sie jedoch am seltensten nutzen, sind
Connecticut, Idaho, New Mexico, Colorado, Wyoming und South Dakota. Seit
1976 wurden in diesen Staaten jeweils ein Menschen hingerichtet. Lediglich
15 Bundesstaaten der USA verhängen die Todesstrafe nicht.
Derzeit sitzen mehr als 3.000 Menschen in den USA in den Todeszellen von 35
Bundesstaaten. Allein in Kalifornien warten 697 Menschen auf die
Vollstreckung der gegen sie gefällten Todesurteile. In Florida sitzen
gegenwärtig 398 Hinrichtungskandidatinnen- und -kandidaten ein und in Texas
337.
Im Augenblick verfügen nur noch einige Bundesstaaten über Restbestände von
Natriumthiopental. Für manche Bestände gelten, wie im Fall von Florida, nur
noch kurzfristige Ablauffristen. Seit sich die Lieferprobleme bei dem
Mittel im Jahr 2007 abgezeichnet haben, reagierten die Bundesstaaten ganz
unterschiedlich. Oklahoma ist bislang der einzige Bundesstaat, der die
Todesstrafe praktiziert und dafür inzwischen ein anderes Narkosemittel
benutzt. Im vergangenen Herbst genehmigte ein Bundesrichter den Einsatz von
Pentobarbital. Das im Jahr 1916 von der deutschen Firma Bayer entwickelte
Mittel wird ansonsten für das Einschläfern von Tieren benutzt. Neuerdings
kommt es auch bei der Sterbehilfe zum Einsatz.
Der Bundesstaat Kalifornien hingegen, wo die Reserven des bisherigen
Narkosemittels schon im vergangenen Herbst zur Neige gingen, hat national
und international nach Möglichkeiten gesucht, neuen Nachschub zu besorgen.
Unter anderem sollen Agenten der kalifornischen Strafvollzugsbehörde CDCR
versucht haben, das Mittel in Pakistan zu erwerben. Schließlich kauften sie
einen Vorrat in Großbritannien.
Im vergangenen Herbst reisten Mitarbeiter der kalifornischen CDCR auch zu
dem Hochsicherheitsgefängnis Florence, südlich von Phoenix, wo sie 24
Ampullen mit je einem halben Gramm des Mittels von Gefängniswärtern
abholten.
Die US-Bürgerrechtsgruppe Aclu befürchtet, dass Kalifornien seine Vorräte
benutzen könnte, um in Zukunft andere US-Bundesstaaten, denen die tödliche
Droge ausgegangen ist, mit dem vom Markt gezogenen Mittel zu versorgen.
23 Jan 2011
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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