# taz.de -- Neue Details über Blog-Schleichwerbung: Webspam oder Kooperation? | |
> Für den einen Schleichwerbung, für den anderen „normal und | |
> selbstverständlich“. Der Name der Firma, die Keyword-Links gekauft haben | |
> soll, ist nun bekannt. | |
Bild: Im Visier: Möglichst hohe Google-Listungen. | |
BERLIN taz | Nun ist der Name raus: Onlinekosten.de GmbH. Seiner | |
Ankündigung vom Donnerstagmittag, Details über Schleichwerbung in | |
deutschsprachigen Blogs zu veröffentlichen, kam Betreiber Sascha Pallenberg | |
noch am Abend des gleichen Tages in seinem Blog netbooknews.de nach und | |
veröffentlichte ihm zugespielte Dokumente. | |
Gegen Geld sollen auf zahlreichen deutschen Blogs Keyword-Links zu großen | |
Konzernen platziert worden sein – nicht als Werbung gekennzeichnet. Die | |
dafür verantwortliche Firma, die auch die gleichnamige Website | |
onlinekosten.de betreibt, kaufte 2009 den damals meistzitierten deutschen | |
Blog Basicthinking.de für etwa 46.000 Euro und soll seither kleinen Blogs | |
per E-Mail eine „Kooperation mit Basic Thinking“ angeboten haben. | |
Im Rahmen dieser „Kooperation“ platzierten die Blog-Betreiber in ihren | |
Postings unter passenden Keywords Links zu Webseiten von Firmen, die | |
Partner von onlinekosten.de waren. Unter den verlinkten Unternehmen sollen | |
Neckermann, Conrad, Base, Goertz, Condor und Thomas Cook gewesen sein. Laut | |
dem auf netbooknews.de veröffentlichten „Kooperations-Vertrag“ wurde jeder | |
Link während eines Testzeitraums mit 25 Euro vergütet, anschließend sollte | |
die Zahlung auf 30 Euro steigen. | |
Sascha Pallenberg berichtet im Gespräch mit taz.de von Entlohnungen in Höhe | |
von bis zu 65 Euro pro Link. Ziel dieser Praxis ist eine gute Platzierung | |
in der Suchmaschine Google. Je öfter eine Seite im Netz verlinkt ist, desto | |
eher wird sie bei Google angezeigt. Der Stein des Anstoßes: Die Links waren | |
an keiner Stelle als Werbung gekennzeichnet. „Das ist definitiv ein | |
Skandal“, empört sich Sascha Pallenberg. | |
Onlinekosten.de habe sich die Reputation von Basic Thinking zu Nutze | |
gemacht, um bei kleinen Blogs Eindruck zu schinden und so ohne große Mühe | |
sein Werbenetzwerk aufziehen zu können. Laut Pallenberg deckt sich der | |
Zeitpunkt des Aufkaufs von Basic Thinking mit dem Beginn der Kampagne. | |
Christoph Berger, der Geschäftsführer der onlinekosten.de GmbH ist anderer | |
Meinung: "Diese – erneut von Herrn Pallenberg in seinem Blog – in Umlauf | |
gebrachte Unterstellung trifft nicht zu." | |
Onlinekosten.de war sich womöglich der Fragwürdigkeit seines Vorgehens | |
bewusst. Im „Kooperations-Vertrag“ ist eine strenge | |
Verschwiegenheitsklausel enthalten: Geheimhaltung der Vertragsdetails und | |
Gesprächs-Inhalte sowie die Vernichtung aller im Zusammenhang mit der | |
Durchführung des Vertrags erhaltenen Dokumente. Und: „Die Parteien | |
verpflichten sich jeweils im Falle eines eigenen Verstoßes gegen diese | |
Vereinbarung an die andere Partei eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.001 € | |
zu zahlen.“ In einem Interview mit Spiegel Online erachtet Christoph Berger | |
die Klausel „bei einer engeren Zusammenarbeit mit Partnern als normal und | |
selbstverständlich“. Viele der beteiligten Blogger sähen das genauso. | |
In der Anlage des „Kooperations-Vertrags“ wird auf die gebotene Einhaltung | |
der ebenfalls auf netbooknews.de veröffentlichten „Linkregeln“ verwiesen, | |
durch welche unter anderem die Anzahl der Links zu einer bestimmten Firma | |
in einem gewissen Zeitraum begrenzt und womöglich die Unauffälligkeit | |
gewährleistet werden sollte. | |
Sascha Pallenberg wurde im Anschluss an die Veröffentlichungen nach eigenen | |
Angaben aus der „SEO-Szene“ – SEO ist die englische Bezeichnung für | |
Suchmaschinenoptimierung – heftig angefeindet, dort wird das Vorgehen von | |
onlinekosten.de als gängige und bekannte Praxis verteidigt. | |
Viele der betroffenen Blog-Betreiber sind derweil beunruhigt. Zahlreiche | |
besorgte Mails hätten ihn bereits erreicht, so Pallenberg. Vor einer | |
Enttarnung müsse sich aber niemand fürchten, „das träfe die Falschen“. | |
Pallenberg sieht bei den Bloggern „eher Naivität denn Mitschuld“. Keiner | |
der etwa 100 verwickelten Blogs erreiche eine fünfstellige Besucherzahl pro | |
Tag, oftmals würden sie von Schülern oder Studenten betrieben. Die seien | |
angesichts der möglichen 200 oder 300 Euro zusätzlich pro Monat sehr | |
anfällig für solch zweifelhafte Offerten. Auf netbooknews.de schreibt | |
Pallenberg an die Blogger gewandt: „Ihr seid letztendlich die armen | |
Schweine in diesem Spiel. Onlinekosten hat euch benutzt, um richtig | |
abzusahnen“. Dass man sich nicht benutzen lassen muss, erwähnt Pallenberg | |
allerdings nicht. | |
Der Fall sollte nicht als Lappalie gewertet werden – weder von | |
Onlinekosten.de, noch von den betroffenen Bloggern: Nach Angaben | |
Pallenbergs wurde er bereits von Matt Cutts um weitere Details gebeten. Der | |
ist Chef des Google-Webspam-Teams – zur Bekämpfung manipulierter | |
Suchergebnisse. | |
28 Jan 2011 | |
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Technik | |
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