# taz.de -- Kommentar Liebigstraße 14: Über die Grenze der Gewalt | |
> Rund um die Hausräumung wird es ruppig zu gehen. Gewalt gegen Sachen als | |
> politische Aktionsform mag in der linken Szene akzeprtiert sein. Aber bei | |
> feigen, hinterhältigen Angriffen auf Menschen hört jegliches Verständnis | |
> auf. | |
Bild: Vom Traum des "Anders leben" bleibt nur noch die bunte Hausfassade übrig. | |
Die Frist ist abgelaufen. Ein Kompromiss, der den Bewohnern der | |
Liebigstraße 14 ermöglicht hätte zu bleiben, wurde nicht gefunden. Das ist | |
mehr als schade. Gründe, ihnen das Haus zu überlassen, hätte es genug | |
gegeben. Es geht nicht nur um die Realisierung von individuellen und | |
gleichzeitig kollektiven Lebensentwürfen. Mit dem Projekt geht Berlin auch | |
ein Stück urbane Vielfalt verloren. | |
Die Polizei wird heute mit 2.000 Beamten anrücken, um den rechtskräftigen | |
Räumungstitel zu vollstrecken. Alles deutet darauf hin, dass es ein langer | |
Tag wird. Die linke Szene mobilisiert seit Wochen zu Solidaritätsaktionen. | |
Am vergangenen Samstag, als Polizeieinheiten in der Rigaer Straße mit einem | |
Steinhagel empfangen wurden, hat sie gezeigt, wozu sie fähig ist. | |
Feinfühlig sind die geschlossenen Einsatzhundertschaften nie mit Anhängern | |
der autonomen Szene umgegangen. Bei den Festnahmen geht es ruppig zu. | |
Auseinandersetzungen, bei denen Beamte an im Polizeigriff abgeführten | |
Teilnehmern des schwarzen Blocks ihr Mütchen kühlen, sind hinlänglich | |
bekannt. | |
Dass solche Szenen in den nächsten Tagen vermehrt zu befürchten sind, hat | |
sich die radikale Linke aber auch selbst eingebrockt. Schwarz gekleidete | |
Rollkommandos scherten aus der Demo am Samstag plötzlich aus, um ruhig am | |
Straßenrand stehende Polizisten zusammenzuschlagen. Mit einem grellen | |
Laserpointer sollten Beamte kurz darauf gezielt geblendet werden. Später | |
entglasten Vermummte einen einzelnen Streifenwagen in Friedrichshain, | |
dessen Besatzung lediglich einen Fahrraddiebstahl aufklären wollte. | |
Montagnacht schließlich wurde ein Wachmann, der in Kreuzberg eine Baustelle | |
sichern sollte, mit Steinen beworfen. Hier werden einzelne Personen zur | |
Zielscheibe, schlicht und einfach weil sie mit ihrer Uniform den | |
Sicherheitsapparat verkörpern. Mit diesen Aktionen bringt die linke Szene | |
die gesamte Polizei gegen sich auf. Und zwar völlig unnötig. Denn Gewalt | |
gegen Sachen als politische Aktionsform mag man noch rechtfertigen können. | |
Aber bei feigen, hinterhältigen Angriffen auf Menschen hört jegliches - | |
auch linkes - Verständnis auf. | |
Eine Szene, die solche Übergriffe gutheißt, braucht sich über die Reaktion | |
nicht zu wundern. Etwa die, dass der Korpsgeist in der Polizei, den man | |
zumindest teilweise überwunden glaubte, wieder aufblüht. | |
2 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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