# taz.de -- Streit um Software-Lizenzen: Recycling unerwünscht | |
> Darf Software weiterverkauft werden? Ja, findet eine Schweizer Firma, die | |
> mit Lizenzen handelt. Nein, sagt Hersteller Oracle. Nun muss der | |
> Europäische Gerichtshof entscheiden. | |
Bild: Kaufen, benutzen, wegwerfen? Muss nicht sein - dank Recycling. | |
BERLIN taz/dpa | Wer gebrauchte Softwarelizenzen ohne zugehörigen | |
Datenträger verkauft, verstößt gegen das Urheberrecht. Das entschied das | |
Landgericht München I im März 2007. Und das Oberlandesgericht München | |
bestätigte im Juli 2008: Was für Software auf Datenträgern gilt, muss nicht | |
für Software-Downloads gelten. Wirklich? Seit November 2009 beschäftigte | |
sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dieser Grundsatzfrage. Nun sind die | |
Bundesrichter zu dem Schluss gekommen, dass sie hier gar nicht zuständig | |
sind – und haben den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) | |
weitergereicht. | |
"Software nutzt sich nicht ab", mit diesem Motto wirbt die Firma Used-Soft | |
aus Zug in der Schweiz für ihr Second-Hand-Sortiment: "sämtliche gängige | |
Standard-Software von Microsoft, IBM und Co.". Und das bis zu 50 Prozent | |
unter dem Neupreis. Doch wer dort Windows, Word oder Excel bestellt, | |
bekommt weder CDs noch DVDs zugeschickt. Er erhält einen Freischaltcode, | |
die eigentlichen Programme müssen unabhängig davon besorgt werden. | |
Hersteller wie Oracle bieten diese zum Download an, wenn man eine gültige | |
Lizenz vorweisen kann. | |
Diese Art des digitalen Recyclings kann einem Software-Hersteller natürlich | |
nicht ins Konzept passen, mindert es doch potenziell die eigenen Umsätze. | |
Im Januar 2006 reichte Oracle folglich Klage gegen Used-Soft ein und bekam | |
in erster und zweiter Instanz recht. Man sah sich bestätigt und maß den | |
Urteilen "weitreichende Bedeutung für den Handel mit gebrauchter Software" | |
zu. Und für den Verkauf neuer Software natürlich. | |
Tatsächlich ist der Handel mit gebrauchter Software nicht nur Oracle ein | |
Dorn im Auge. Auch Lizenzen des Windows-Herstellers Microsoft wurden | |
gebraucht gehandelt. Doch Landgerichte in Hamburg und München entschieden, | |
dass Verkauf beziehungsweise Veräußerung einzelner | |
Microsoft-Software-Lizenzen „auch ohne Zustimmung von Microsoft im | |
Grundsatz wirksam möglich“ sind. Ähnliche Abwehrversuche des Unternehmens | |
Adobe, das unter anderem die weit verbreitete Bildbearbeitungssoftware | |
Photoshop verkauft, scheiterten ebenfalls. | |
Am Donnerstag befanden die Richter des BGH in Karlsruhe nun, dass die | |
fraglichen deutschen Gesetze auf einer EU-Richtlinie beruhen. Folglich sei | |
für die von Used-Soft angestrebte Revision zwingend eine europäische | |
Instanz, sprich: der EuGH, zuständig. Die schriftliche Urteilsbegründung | |
lag am Donnerstagnachmittag noch nicht vor, soll aber so schnell wie | |
möglich [1][auf der Webseite des BGH] verfügbar gemacht werden (Az: I ZR | |
129/08). | |
Sowohl Software-Hersteller als auch Händler gebrauchter Software begrüßten | |
die Entscheidung für eine europaweite Klärung der Frage. "Wir erwarten, | |
dass der EuGH der in Deutschland vorherrschenden Auffassung folgt und dem | |
Handel mit gebrauchter Software enge Grenzen setzt", sagte ein | |
Microsoft-Vertreter am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Auch der | |
Geschäftsführer von Used-Soft, Peter Schneider, hofft auf einen Sieg in dem | |
langjährigen Rechtsstreit. Schon 2008 hatte er dem Nachrichtendienst Heise | |
angekündigt, man werde durch alle Instanzen für einen vollständig | |
liberalisierten Software-Markt kämpfen: "Hier geht es auch um's Prinzip." | |
3 Feb 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gerich… | |
## AUTOREN | |
Thomas Schmid | |
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