# taz.de -- Repressionen gegen NGOs in Russland: Microsoft geht auf Distanz | |
> Die russische Polizei nutzt die Jagd auf Windows- und Office-Raubkopierer | |
> für Repressalien gegen NGOs. Microsoft, das bislang munter mitmachte, | |
> rudert nun zurück. | |
Bild: Russische NGOs sollten auf den Pinguin setzen, dann wäre das nicht passi… | |
Ein "New York Times"-Report vom Wochenende, über den auch taz.de berichtete | |
(siehe Kasten), sorgt für hektische Aktivitäten beim Software-Unternehmen | |
Microsoft: Der Konzern wurde offenbar von der russischen Polizei bei der | |
Hatz auf Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten eingespannt. Der Trick: Unter | |
dem Vorwand, nach Raubkopien von Produkten des IT-Unternehmens zu suchen, | |
verschafften die Beamten sich Zugang zu den Büros der Organisationen und | |
nahmen jeweils die gesamte Rechentechnik mit. Dies soll über Monate und | |
gleich mehrfach geschehen sein, so der Bericht. Microsoft-Anwälte sollen | |
beteiligt gewesen sein. | |
Am Konzernsitz in Redmond reagierte man nun mit allerlei PR-Aktivitäten - | |
unter anderem einem [1][Blog-Eintrag] im offiziellen Netztagebuch. | |
Firmenmanager Brad Smith schreibt: "Als Hausjustiziar von Microsoft ist das | |
keine Geschichte, die man gerne liest." Das Unternehmen bestritt die Fälle | |
grundsätzlich nicht, man stehe aber "uneingeschränkt dafür ein, geistiges | |
Eigentum nicht zum Ersticken politischer Aktivitäten" zu nutzen. "Aus | |
diesem Grund suchen wir schnell nach Lösungen, jeden Anreiz zu unterbinden, | |
dass es zu solchem Verhalten kommt." | |
Smith sagte weiter, seine Firma "übernehme die Verantwortung für unsere | |
Anti-Piraterie-Arbeit, sei sie gut als auch schlecht". An diesem Punkt | |
seine aber nun "die spezifischen Fakten weniger klar als wir es gerne | |
hätten". Aus diesem Grund wollte man nun eine internationale Anwaltskanzlei | |
einschalten, die mit der Raubkopiererjagd nichts zu tun hat, um eine | |
"unabhängige Untersuchung" durchzuführen. Dann wolle man Schlüsse ziehen | |
und Maßnahmen ergreifen. | |
Vorher soll es aber bereits Maßnahmen geben, damit Aktivisten in Russland | |
und anderswo nicht "erneut zu Opfern böswilliger Aktionen, die als | |
Anti-Piraterie-Aktionen getarnt sind", werden. Dazu will der Konzern | |
Nichtregierungsorganisationen eine neue Software-Lizenz unterbreiten, mit | |
der sich "kostenlose, legale Kopien unserer Produkte" erwerben lassen. | |
Neu ist selbiges Programm allerdings nicht - seit längerem schon können | |
NGOs sechs verschiedene Microsoft-Programme auf bis zu 50 PCs erhalten, was | |
der Konzern als Spende verrechnet. Allerdings kennen laut Smith viele | |
Organisationen das Programm nicht. Für Russland will man deshalb ein neues | |
"rechtliches Assistenzprogramm" für NGOs aufsetzen. | |
Das Problem dabei könnte höchstens sein, dass sich die Polizei nicht | |
unbedingt um legale Lizenzen schert: So hatte eine im "New York | |
Times"-Bericht genannte Umweltschutz-NGO extra Vollversionen angeschafft, | |
um den Abtransport ihrer PCs zu verhindern. Genutzt hat es freilich nichts | |
- die Polizisten sammelten dennoch die komplette Rechentechnik ein. | |
15 Sep 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://blogs.technet.com/b/microsoft_blog/archive/2010/09/13/anti-piracy-en… | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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