# taz.de -- Streit um gebrauchte Software: Lizenz zum Rechte-Entzug | |
> Darf man einmal erworbene Programme weiterverkaufen? Wenn es nach der | |
> IT-Branche geht, lassen die Lizenzen das nicht zu. In den USA und bei uns | |
> streitet man nun vor Gericht. | |
Bild: Wer Software ungefragt auf den Gebrauchtmarkt wirft, kann schon mal als P… | |
Wer sich ein Buch gekauft hat oder ein Auto oder ein Haus, kann diese Güter | |
nach Belieben wieder verkaufen - um seine Investition wieder hereinzuholen | |
oder zumindest ein bisschen Bargeld für einen Neukauf in die persönliche | |
Kasse zu spülen. Bei Anwendungsprogrammen für PCs ist dies allerdings | |
erstaunlich schwierig: Die IT-Hersteller weigern sich, einen Markt für | |
"Gebrauchtsoftware" entstehen zu lassen, weil dieser sie Umsätze kosten | |
würde. | |
Mittlerweile wird offen gegen entsprechende Versuche geklagt - und hier und | |
da auch gewonnen. Ein US-Bundesgericht in San Francisco entschied nun im | |
Streit um den Verkauf von Programmen des Design-Software-Spezialisten | |
Autodesk, dass dieser den Weiterverkauf gebrauchter Software nicht dulden | |
muss. Ein Händler hatte Lizenzen des Programmes "AutoCAD" bei einer | |
Architekturfirma erworben und versucht, diese bei eBay zu verkaufen. | |
Die Lizenzbestimmungen untersagten aber einen Wiederverkauf, so Autodesk. | |
Das Gericht entschied, dass diese Bestimmungen gültig sind, auch wenn im | |
US-Recht seit über 100 Jahren gilt, dass Erwerber urheberrechtlich | |
geschützter Werke diese weiterverkaufen dürfen. Beobachter fürchten nun, | |
dass das Urteil den gesamten Gebrauchtsoftware-Markt in den USA in | |
Mitleidenschaft ziehen könnte. Dazu würde dann nur eine entsprechende | |
Lizenzgestaltung ausreichen. | |
Auch in Deutschland beschäftigt das Thema die Gerichte. Der Anbieter | |
UsedSoft mit Sitz im schweizerischen Zug bietet seinen Geschäftskunden bis | |
zu 50 Prozent Rabatt beim Softwarekauf - etwa von Standardanwendungen von | |
Microsoft. Gleichzeitig erwirbt er brachliegende Lizenzen von Firmen und | |
verspricht, diese "in liquide Mittel" umwandeln zu können. Das schmeckte | |
dem Datenbankspezialisten Oracle überhaupt nicht - er klagte gegen | |
UsedSoft. Das Verfahren ist mittlerweile vor dem Bundesgerichtshof (BGH) | |
angekommen und soll Ende diesen Monats in letzter Instanz verhandelt | |
werden. | |
Im konkreten Fall geht es darum, ob UsedSoft Oracle-Programme auch dann | |
vermarkten darf, wenn diese online "in Verkehr gebracht" wurden. Bei | |
UsedSoft erhofft man sich naturgemäß einen Sieg - und damit eine wichtige | |
Erlaubnis für das sich derzeit nach Ansicht der Software-Industrie in einer | |
rechtlichen Grauzone bewegende Geschäft. | |
Immerhin hatte das BGH bereits im Jahr 2000 in einem Urteil durchblicken | |
lassen, dass Lizenzen, die den Gebrauchthandel einschränken, nicht | |
unbedingt in Deutschland gelten müssen. Auch andere Bestandteile | |
sogenannter EULAs wurden bereits für nichtig erklärt. Die Hersteller ficht | |
das nicht an - so sperrte Microsoft bereits 2008 laut Presseberichten | |
bestimmte Gebrauchtprodukte durch den die Invalidierung ihrer | |
Registrierungsschlüssel. | |
Auf "Otto-Normal-Anwender" haben diese und ähnliche Urteile durchaus | |
wichtige Auswirkungen. Immer mehr Inhalte werden in digitaler Form | |
verkauft, seien es nun Musikstücke, Smartphone-Programme ("Apps") oder | |
elektronische Bücher. Auch hier versteifen sich die Anbieter darauf, dem | |
Kunden nur eine Lizenz zu erteilen, die keinen Besitz bedeutet - so lassen | |
sich manche Firmen etwa in ihren Geschäftsbedingungen das Recht erteilen, | |
dem Kunden bereits erworbene Inhalte nachträglich wieder zu entziehen. Ein | |
privater Weiterverkauf digital erworbener Güter ist deshalb nicht nur | |
technisch problematisch, sondern auch rechtlich aufgrund entsprechender | |
Verbote in der Lizenz. | |
Selbst wenn man über einen physikalischen Datenträger, wie beispielsweise | |
bei einem Spiel, verfügt, lässt sich dieser nicht immer in vollem Umfang | |
veräußern: Die Game-Hersteller setzen zunehmend auf digital nachzukaufende | |
Inhalte, die sich ebenfalls nur schwer auf Dritte übertragen lassen. All | |
das läuft, sagen Verbraucherschützer, auf eine weitere Entmündigung der | |
Kundschaft heraus, die mittlerweile zunehmend brav für digitale Inhalte | |
zahlt. Ob die Industrie bald einsieht, den Ehrlichen nicht zum Dummen zu | |
machen? | |
14 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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