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# taz.de -- Symbol Liebig 14: Randale ohne Ende
> Protestaktionen für die Liebig 14 setzen sich auch am Wochenende fort.
> Wie es dem Hausprojekt gelang, sich als Symbol zu stilisieren.
Bild: Militant für die Liebig 14: Vermummter drischt auf O2-World ein.
"Wir werden weiter laut sein", hatten die Ex-Bewohner angekündigt, nachdem
ihr Hausprojekt Liebig 14 am Mittwoch geräumt wurde. Tatsächlich setzten
sich auch am Wochenende die Proteste fort. Rund 200 Personen beteiligten
sich am Samstagabend an einem nicht angemeldeten Spontanaufzug am
Kottbusser Tor. Die Polizei löste die Demo auf, kontrollierte 112
Teilnehmer und beschlagnahmte Knallkörper und Farbbeutel. Am Freitagabend
hatten sich 200 Personen zu einer Kundgebung in der Revaler Straße
versammelt. Parallel zerstörten um den U-Bahnhof Weinmeisterstraße (Mitte)
50 Vermummte die Scheiben von 30 Geschäften und sechs Autos.
Um das konkrete Projekt Liebig 14 - in der Nachbarschaft und linken Szene
nicht nur beliebt und als "Partyhaus" kritisiert - geht es bei den Aktionen
längst nicht mehr. Vielmehr ist es dem Haus gelungen, sich als Symbol
verfolgter Alternativkultur zu stilisieren. Dagegen wurde so militant wie
lange nicht protestiert. Aber nicht nur. Die Räumung selbst wurde
friedlich-empört mit Topf-Getrommel der Nachbarn begleitet, solidarisch
schlossen mehrere Alternativ-Cafés. "Der 2. Februar ist kein Tag für Latte,
Becks und Shopping; er ist ein Tag, an dem es gilt, uns gegen Angriffe auf
uns alle zu verteidigen", hieß es in einer Erklärung. Weit über die Stadt
hinaus schwappte die Welle der "Soli-Aktionen": Hamburg, Saarbrücken,
Leipzig, Kopenhagen.
Geglückt ist die Symbolaufladung der Liebig 14, weil die Berliner Politik
seit langem beim Thema Wohnen das Gestalten unterlässt - "stadtpolitischer
Steuerungsverlust", nennt der Soziologe Andrej Holm das. Auch in der
Liebigstraße suchte der Senat nicht nach Alternativen. Die Kündigung der
Mietverträge wegen einer eingebauten Flurtür und die Gesprächsverweigerung
der Hausbesitzer zeigte zudem, wie locker Eigentümerrechte Mieterrechte
ausstechen.
Viele bedrohte Projekte
Über Aufwertung, Mietsteigerungen und soziale Entmischung wird längst
schichtübergreifend gegrummelt. Gegen Mediaspree demonstrierten Tausende,
trotzdem weichen dort jetzt Bars Investorenprojekten. Der Schokoladen, das
Tacheles, der Schenkladen - auch diesen Alternativkulturen droht die
Räumung. Es ist auch das Ende von Orten, die qua ihrer selbst Stadtpolitik
anders denken und leben. Der Liebig 14 gelang es erfolgreich, sich hier
einzureihen.
Die Farbbeutelwürfe dürften bald nachlassen, die Diskusssion aber wird
anhalten. Auch im Liebig-Kiez. Gleich neben der geräumten Nummer 14 liegen
die teils alternativ bewohnten Häuser in der Rigaer Straße 94, 95 und 96.
Eigentümer auch hier: Suitbert Beulker.
6 Feb 2011
## AUTOREN
Konrad Litschko
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