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# taz.de -- Ryanair-Pilotin schmeißt Studenten raus: Selbst Meckern kostet ext…
> Eine Flugkapitänin verteidigte die geschäftlichen Interessen ihres
> Arbeitgebers vehement: Sie ließ Studenten, die nicht für ihr Übergepäck
> zahlen wollten, kurzerhand zurück.
Bild: Da kocht der Solidartrotz: Anstatt zusammenzulegen und das Übergepäck z…
Im Flugzeug herrscht Diktatur. Das bekamen 104 Studenten der Freien
Universität Brüssel am Samstag auf Lanzarote zu spüren, als eine
Ryanair-Kapitänin sie vom Rückflug nach Belgien ausschloss. Sie hatten sich
geweigert, die Kommilitonen auf der Insel zurückzulassen, die nicht für ihr
übergewichtiges Handgepäck zahlen wollten. Der daraus resultierende Streit
mit den Flugbegleitern dauerte drei Stunden, dann ließ die Kapitänin das
Flugzeug von der Polizei räumen und flog mit den 64 verbliebenen
Passagieren an Bord nach Charleroi.
Klar, dass die Studenten nach zehn Tagen und Nächten auf den Kanaren kein
Geld mehr hatten, um für ihr Übergepäck den geforderten Aufpreis zu
bezahlen. Klar auch, dass die Stimmung kippt, wenn eine genervte
Ryanair-Stewardess verkaterte Studenten vor die Tür setzen will. Da kocht
der Solidartrotz: Anstatt zusammenzulegen und das Übergepäck zu zahlen,
wird rebelliert. Solch ein Protest mag an der Uni funktionieren, aber nicht
im Flugzeug.
Von Studenten kann man erwarten, dass sie die Gepäckregelung verstehen oder
spätestens beim Einchecken feststellen, dass ihr Gepäck zu schwer ist. Dann
beginnt - man kennt das Bild - in der Schalterhalle das große Umpacken:
Alles Schwere ins Handgepäck, Wanderschuhe anziehen, Schnaps verschenken.
Am Flughafen von Johannesburg gibt es Mitarbeiter, die solche Fälle von
Weitem erkennen und auf zurückgelassene Handtücher, Jeans oder Flaschen
lauern.
Bei Ryanair funktioniert der Trick mit dem Umpacken nicht. Denn im
Gegensatz zu den meisten anderen Airlines wiegen die Iren auch das
Handgepäck. Ist das schwerer als zehn Kilo, muss es aufgegeben werden.
Nachträglich kostet das 35 Euro. Und immerhin noch 15 Euro für ein
Gepäckstück bis 15 Kilo, wenn man es noch im Flughafen aufgibt. Und jedes
Kilo Übergewicht kostet 20 Euro extra. Da überlegt man sich zweimal, ob das
sandige Handtuch mit zurück muss. Die Regelung ist restriktiv und sie ist
Geldmacherei. Aber das Geschäftsmodell von Ryanair ist doch nicht neu: Der
Passagier kauft einen Flug zum Kampfpreis und muss alles Weitere teuer
dazukaufen.
Die Kapitänin hat also mit dem Rausschmiss auch die geschäftlichen
Interessen ihres Arbeitgebers verteidigt. Wenn sich eine Airline auf Kunden
spezialisiert, die gute Preise gutem Service vorziehen, muss sie auch bei
solchen Beschwerden standhaft bleiben. Jedes Nachgeben gefährdet das
System. Zudem haben die streitenden Studenten den Flugbetrieb gestört und
der Kapitänin damit das beste Argument geliefert, sie rauszuschmeißen:
Sicherheit geht vor.
Dass die Kapitänin ernst machen und schwiegermütterlich autoritär
durchgreifen würde, hatten die Belgier wohl nicht erwartet. Doch zum Glück
gibt es auch im Ausland jemanden, der die schützende Mutterrolle übernimmt.
Zurück im Terminal alarmierten die Studenten die belgische Botschaft. Die
Diplomaten verhandelten und Ryanair erklärte sich bereit, die Studenten in
Kleingruppen in Richtung Belgien zu befördern. Ob diejenigen, die ihr
Übergepäck schon bezahlt hatten, beim nächsten Reiseversuch wieder blechen
müssen, ist noch unklar.
Bis alle Studenten wieder im Hörsaal sitzen, kann es aber noch dauern. Laut
Airline werden frühestens am Dienstag die letzten fliegen. So lange geht
die Party auf fremde Kosten weiter. Aus Angst um sein Image hat der
Stadtrat von Lanzarote den treuen Gästen in der ersten Nacht Hotel und
Verpflegung spendiert. Jetzt sind noch rund 60 Studenten der Gruppe in
einer Turnhalle auf Decken des Roten Kreuzes gebettet, wie die Lokalzeitung
La Provincia berichtet.
7 Feb 2011
## AUTOREN
Thomas Strothjohann
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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