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# taz.de -- Empörung in Frankreich: Heimaturlaub für die Minister
> Staatspräsident Sarkozy gibt sich empört über Minister, die auf Kosten
> ausländischer Staatschefs Urlaub machen. Aber ganz unschuldig an dieser
> Praxis ist er nicht.
Bild: Schluss mit lustig: Nicolas Sarkozy will, dass seine Minister zuhause Url…
PARIS taz | "Wenn das so weitergeht, kann ich ja nicht mal die Dordogne
verlassen", meinte die französische Außenministerin Michèle Alliot-Marie
vor Tagen, als ihre Gratisflüge in Tunesien auf Staatskosten eine heftige
Polemik auslösten. Zumindest diese eine Mal hat die Außenministerin, sollte
sie wieder in Urlaub fahren wollen, nicht so arg daneben gelegen.
Denn ihr oberster Dienstherr, der französische Päsident Nicolas Sarkozy,
ordnete gestern an, dass alle französischen Regierungsmitglieder sich ihren
Urlaubsort zukünftig vom Präsidenten genehmigen zu lassen haben. Und das
Ausland genießt dabei nicht die oberste Priorität.
"Ab sofort müssen die Regierungsmitglieder als Urlaubsziel Frankreich
favorisieren. Auslandseinladungen müssen vom Premierminister in Absprache
mit dem diplomatischen Stab des Präsidenten genehmigt werden!", donnerte
Sarkozy am Mittwoch auf der wöchentlichen Kabinettssitzung in Paris. Das
würde die Außenministerin vermutlich der Peinlichkeit entheben, sich vom
Clan eines Diktators den Urlaub bezahlen zu lassen, während die ersten
Demonstranten gegen die Diktatur auf den Straßen toben.
Sarkozy reagierte aber nicht nur auf Marie-Alliot, sondern auch auf den
erst am Vortag bekannt gewordenen Fall seines Regierungschefs François
Fillon, dessen Familienurlaub an den Gefilden des Nils zum Jahresende vom
ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak beglichen worden war. Wie das
Wochenblatt Le Canard Enchaîné enthüllte, war Mubarak für den
Hotelaufenthalt, eine Exkursion auf dem Nil und einen Flug nach Abu Simbel
aufgekommen.
Fillon hatte dies in einer Erklärung eingeräumt, um der peinlichen
Enthüllung in dem Satireblatt zuvorzukommen. Damit stellt sich freilich die
ganz grundsätzliche Frage, ob es rechtlich oder moralisch zulässig ist,
wenn sich Regierungsmitglieder von ausländischen Herrschern oder
Interessenvertretern zu privaten Ferien einladen lassen.
Der Präsident legt nach
Dieser Debatte hat der französische Staatschef einen Riegel vorschieben
wollen. Wer innerhalb des Staatswesens eine große Verantwortung trage,
müsse sich "mustergültig" verhalten, sagte er. Der Anspruch und die
Erwartungen der Bevölkerung an die Moral ihrer Politiker habe sich
neuerdings "beträchtlich verstärkt". Was vor einigen Jahren gang und gäbe
gewesen sei, könne heute "schockieren".
Ohne die Volksaufstände gegen Ben Ali und dann gegen das Mubarak-Regime,
die ein neues Licht auf die besonders engen Beziehungen Frankreichs zu den
Staatsführungen dieser beiden Partner und Eckpfeiler der Mittelmeerunion
geworfen haben, hätte wahrscheinlich niemand das Thema der Urlaube auf
Kosten von ausländischen Staatschefs angeschnitten. Fillons Erklärungen
unterstreichen daher, dass solche Praktiken seit jeher "üblich" gewesen
seien, auch lade Frankreich seinerseits befreundete Staatsmänner ein - über
Namen schweige man "aus Höflichkeit".
Der frühere Staatspräsident François Mitterrand war seinerseits mehrfach
von Mubarak beherbergt worden. Und Nicolas Sarkozy hat selbst durchaus
Grund, nicht die verfolgte Unschuld zu spielen. Auch er hatte sich nach
seiner Wahl zum Präsidenten auf der Luxusjacht des Geschäftsmanns Vincent
Bolloré entspannt und dessen Privatjet für den ersten Urlaub mit Carla
Bruni benutzt. Er ließ sich damals vom König vom Jordanien einladen und
verbrachte Weihnachten 2009 und 2010 als Gast von König Mohammed VI. von
Marokko.
Umso beflissener ließ er jetzt mitteilen, dass er den Flug in einer
französischen Regierungsmaschine nach New York am Wochenende gegen Rechnung
bezahlt habe. Zukünftig sollten alle Regierungsmitglieder für ihren Urlaub
selbst bezahlen wie andere Bürger auch. Aber auch die Dordogne hat ja ihre
Reize.
9 Feb 2011
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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