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# taz.de -- Regierungsbildung in Belgien: Erst regieren, dann vögeln!
> Eine Senatorin fordert die belgischen Frauen auf, in einen Sexstreik zu
> treten. Die Abstinenz soll so lange dauern, bis das Land eine neue
> Regierung hat.
Bild: In der griechischen Komödie "Lysistrata" von Aristophanes hat der Sexstr…
BRÜSSEL taz | Der ehemalige belgische Regierungschef Mark Eyskens
bezeichnete sein Land in einem satirischen Roman einmal als "Absurdistan".
In den vergangenen Wochen scheint die Lage in Belgien diese Fiktion sogar
noch zu übertreffen. Die Einfälle ganz unterschiedlicher Gruppen von
Demonstranten konkurrieren miteinander, und die Botschaft lautet: Wir leben
im Land von Magritte und den Surrealisten.
Noch vor der "Kundgebung der Schande" am 23. Januar, die fünf Studenten
organisiert hatten, um die Bildung einer Regierung zu fordern, hatte der
Schauspieler Benoît Poelvoorde alle Männer aufgefordert, sich bis zur
Bildung einer Regierung nicht mehr zu rasieren.
In der vergangenen Woche setzte die Senatorin der Sozialistischen Partij
Anders (SPA), Marleen Temmerman, noch eins drauf. In der Zeitung Nieuwsblad
rief sie zu einem "Sexstreik" auf, bis Belgien eine Regierung hat. Vor
allem die Frauen forderte sie auf, "ihre Beine nicht breitzumachen." Dies
könnte helfen, die politische Blockade zu überwinden. Der Aufruf entbehrt
nicht eines gewissen Humors. "Das ist auch etwas zum Lachen. Es gibt Leute,
die einen Frittenstreik vorgeschlagen haben. Das hätte vielleicht noch
einen größeren Effekt", sagte sie dem französischen Radiosender Europe 1.
Doch offensichtlich ist die Senatorin davon überzeugt, dass ihr Vorstoß gut
begründet ist. Dafür habe es Vorbilder gegeben. "Man findet Spuren eines
Sexstreiks in alten mystischen Erzählungen, wie in der griechischen Komödie
"Lysistrata" von Aristophanes. Die Frauen, ermüdet von den Kriegen ihrer
Ehemänner, pressen die Schenkel zusammen. Das hat Streit ausgelöst, aber
auch den Peloponnesischen Krieg beendet", so Temmerman.
Vor allem das Beispiel Kenia hat die Senatorin inspiriert. Dort hatten 2009
Frauenorganisationen eine Woche Abstinenz verfügt, um die Männer dazu zu
zwingen, ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen. Kann das auch in
Belgien funktionieren? Zumindest ließen die Reaktionen der Politiker nicht
lange auf sich warten. "Ich werde nicht in den Sexstreik treten. Politiker
sind nicht dafür da, um zu streiken, sondern um aktiv zu werden", sagte die
Präsidentin der Fraktion des Demokratischen Humanistischen Zentrums,
Catherine Fonck, dem Radiosender RTL-TVI.
Der Chef der Partei Christen Democraten und Vlamingen, Wouter Beke,
verkündete, dass seine Frau sich nicht an der Initiative beteiligen werde.
Der Präsident der Partei Vlaamse Liberalen en Democraten, Alexander De
Croo, wies auf das Problem hin zu überprüfen, ob der Streik eingehalten
werde. Der Chef der Nieuw-Vlaamse Alliantie, Bart De Wewer, nannte die
Aktion lächerlich.
Demgegenüber ging die Tatsache unter, dass außer den Sozialisten und den
Grünen alle anderen flämischen Parteien im Parlament unlängst für Flamen,
die mit den Nazis kollaboriert hatten, eine Generalamnestie forderten. In
Belgien ist eben doch nicht alles zum Lachen.
10 Feb 2011
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