# taz.de -- Gespaltenes Belgien: Unfähig zur Regierungsbildung | |
> Auch zehn Wochen nach den Wahlen sind die flämischen und wallonischen | |
> Parteien noch weit weg von einer Koalitionslösung. Wieder mal muss der | |
> König eingreifen. | |
Bild: Sozialistenchef Elio di Rupo muss sichtlich geknickt das Scheitern seiner… | |
BRÜSSEL taz | Wieder einmal hat Belgiens König Albert II. einen | |
Krisenvermittler zur Weiterarbeit drängen müssen. Zehn Wochen nach den | |
Nationalwahlen bat der französischsprachige Sozialistenchef Elio di Rupo | |
Sonntagabend im Königspalast darum, vom Auftrag zur Regierungsbildung | |
entbunden zu werden. In einem dreistündigen Gespräch überredete ihn der | |
König, einen neuen Anlauf zu unternehmen. Nur "widerwillig" habe Di Rupo | |
zugestimmt, berichteten belgische Medien gestern. | |
Damit scheint Di Rupo, dessen Partei im französischsprachigen Landesteil | |
vor zehn Wochen die meisten Stimmen holte, ähnlich glücklos wie der noch | |
kommissarisch amtierende christdemokratische belgische Ministerpräsident | |
Yves Leterme. Auch er hatte sich monatelang um einen Kompromiss zwischen | |
den niederländisch sprechenden Flamen und den französisch sprechenden | |
Wallonen bemüht. Die daraus resultierende Regierungskoalition hielt nur | |
kurz und scheiterte letztlich an den gleichen Konflikten, die auch jetzt | |
wieder eine Regierungsbildung verhindern. | |
Es geht ums Geld | |
Das wirtschaftlich florierende Flandern will nicht länger einen | |
Finanzausgleich an die von hoher Arbeitslosigkeit geplagte Wallonie | |
bezahlen. Die eigenständige Region Brüssel, die ebenfalls am flämischen | |
Finanztropf hängt, aber mehrheitlich Französisch spricht, soll sich | |
entscheiden: Bekennt sie sich zu ihrer französischen Identität, will | |
Flandern den Geldhahn zudrehen. Dritter, damit eng zusammenhängender | |
Konfliktpunkt, ist der Zuschnitt des Wahlkreises Brüssel-Halle-Vilvoorde | |
(BHV). Die flämischen Parteien drängen darauf, dass der Wahlkreis in einen | |
flämischen und einen französisch sprechenden Bezirk aufgeteilt wird, damit | |
nicht länger die Französisch sprechende Mehrheit die Wahlentscheidung | |
dominiert. | |
Noch vergangenen Mittwoch hatte sich Di Rupo optimistisch geäußert, dass | |
die Gespräche, an denen sieben Parteien beteiligt sind, bald zu einem | |
Koalitionskompromiss führen könnten. Gestern trat er hingegen ernst und | |
ernüchtert wirkend vor die Presse. "Wir sind in den letzten drei Jahren | |
noch nie so weit in den Verhandlungen gekommen. Die Lösung ist da, wenn | |
alle Beteiligten vernünftig sind." | |
Eine einseitige Lösung nach dem Konzept der französischen Sozialisten oder | |
der flämischen Nationalisten sei aber unmöglich. "Um unseren | |
Verhandlungstisch sitzen Parteien, die insgesamt zwei Drittel der | |
belgischen Wähler vertreten." Belgien brauche bis 2015 Investitionen von 25 | |
Milliarden Euro, wenn das belgische Sozialmodell gerettet werden solle. | |
DANIELA WEINGÄRTNER | |
30 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Daniela Weingärtner | |
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