# taz.de -- Kandidaten für Vorstandswahl: Grüne binden Kreuzberg ein | |
> Neben der Reala Bettina Jarasch soll der Parteilinke Daniel Wesener | |
> Grünen-Landeschef werden. Nochvorsitzender Stefan Gelbhaar will sich ins | |
> Parlament wählen lassen. | |
Bild: Mit dem neuen Vorstand wird Renate Künasts Enthusiasmus keine Grenzen me… | |
Eine Doppelspitze, die beide Parteiflügel abdeckt, soll die Grünen in die | |
Landtagswahl im Herbst führen. Neben der von der taz bereits als Kandidatin | |
genannten, realpolitisch einzuordnenden Bettina Jarasch soll Daniel | |
Wesener, Fraktionschef im traditionell linken Friedrichshain-Kreuzberg, | |
beim Parteitag am 6. März neuer Landeschef werden. Die bisherigen | |
Vorsitzenden Irma Franke-Dressler und Stefan Gelbhaar treten nicht erneut | |
an. Auch die als Gegenkandidatin für Jarasch erwartete Marion Hasper | |
entschied sich letztlich gegen eine Kandidatur. | |
Hinter diesem Personalvorschlag steht offenbar das Bemühen, vor der | |
Landtagswahl im Herbst keine starke Gruppe in einem Landesverband | |
auszugrenzen, der zwar oft als links eingeordnet, aber tatsächlich von | |
Realpolitikern dominiert wird. Das würde erklären, warum der erst | |
34-jährige bisherige Landeschef Gelbhaar darauf verzichtet, erneut | |
anzutreten. Er kommt aus dem Kreisverband Pankow, der sich selbst als | |
flügelunabhängig sieht. In einer Spitze aus ihm und der kirchennahen | |
Jarasch, die zwar von den Kreuzberger Grünen kommt, dort aber keine Rolle | |
spielt, hätten sich viele Linke nicht wiedergefunden. | |
Wesener, 35, ist seit 2006 Chef der Grünen in der Kreuzberger | |
Bezirksverordnetenversammlung, sein Geld verdient er als Mitarbeiter des | |
Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele. Er will seine Kandidatur nicht | |
als Signal gegen Grün-Schwarz verstehen: Er stütze den Kurs von | |
Spitzenkandidatin Renate Künast, "offen in die Wahl zu gehen" und sich | |
"nicht vorschnell festzulegen", sagte er der taz. | |
In der Vergangenheit war Wesener klarer Gegner eines Bündnisses mit der | |
CDU. Beim Parteitag 2009 kam es deswegen zwischen ihm und Volker Ratzmann | |
zu einem erregten Disput. "Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht", | |
warf Wesener dem Fraktionschef vor, der sich nicht auf die SPD festlegen | |
wollte. Ratzmann konterte mit harten Worten gegen Wesener und weitere | |
Kreuzberger Linke: "Ihr seid im Hintergrund ganz finstere Brüder." | |
Wesener sah am Donnerstag keine Probleme im Verhältnis zwischen der | |
Fraktionsführung und ihm als Parteichef. "Wir sind alle professionell | |
genug, um zu wissen, dass die Zusammenarbeit funktionieren muss. | |
Inhaltliche Differenzen wird es immer geben, das ist nichts Besonderes", | |
sagte er. Persönlich soll nichts zwischen beiden stehen: "Ich schätze Herrn | |
Ratzmann, und ich glaube, er schätzt auch mich." Ratzmann sieht das | |
ähnlich: Die Zusammenarbeit werde produktiv, "weil wir Profis sind und weil | |
wir das gemeinsame Ziel haben, Renate Künast zur Regierenden | |
Bürgermeisterin zu machen". | |
Nochvorsitzender Gelbhaar will sich jetzt um einen aussichtsreichen | |
Listenplatz für das Abgeordnetenhaus bewerben. Darüber entscheiden die | |
Grünen auf zwei weiteren Parteitagen Anfang April. Gelbhaar hatte über | |
mehrere Monate offengelassen, ob er erneut für den Landesvorstand oder das | |
Parlament kandidiert. Noch im Januar hatte er freilich der taz gesagt, dass | |
er Parteichef bleiben wolle. | |
Als Grund nannte er damals vor allem, dass er es nicht für gut halte, kurz | |
vor der Abgeordnetenhauswahl die Doppelspitze komplett auszutauschen. Das | |
gelte für ihn immer noch, sagte Gelbhaar am Donnerstag. Mit Jarasch als | |
bisheriger Beisitzerin im Vorstand sowie dem erneut kandidierenden | |
Schatzmeister soll aber eine gewisse Kontinuität gesichert sein. Ko-Chefin | |
Franke-Dressler, 64, hatte schon länger erklärt, dass sie aufhört. | |
Gelbhaar wäre der erste Landesvorsitzende, dem die Partei einen | |
aussichtsreichen Listenplatz für das Abgeordnetenhaus gibt. Gelbhaars | |
Vorvorgänger Till Heyer-Stuffer war bei seinem Versuch 2006 klar | |
gescheitert. Wegen der bei den Berliner Grünen vorgesehenen Trennung von | |
Amt und Mandat dürfen Vorstandsmitglieder nicht zugleich Parlamentarier | |
sein. | |
Marion Hasper, die sich vor zwei Wochen noch an einer Kandidatur | |
interessiert zeigte und bei ihrem ersten Antritt 2009 nur knapp | |
Franke-Dressler unterlegen war, tritt ebenfalls nicht an. "Ich bin noch mal | |
in mich gegangen", sagte sie der taz, mit Jarasch und Wesener sei "eine | |
gute Lösung gefunden". | |
10 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Stefan Alberti | |
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Grüne Berlin | |
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