# taz.de -- Berlinale zeigt Solidarität: Roter Teppich für Jafar Panahi | |
> Die Berlinale ehrt den zum Schweigen verurteilten iranischen Filmemacher | |
> Jafar Panahi mit Sondervorführung und einem Empfang. | |
Bild: Bruno Ganz und Iris Berben auf dem Teppich für ihren Kollegen Jafar Pana… | |
BERLIN taz | Als Erster taucht der Hausherr, Dieter Kosslick, am roten | |
Teppich für der iranischen Filmemacher Jafar Panahi auf. Er trägt einen | |
blauen Schal. | |
Am ersten regulären Tag der Berlinale, der gleichzeitig der 32. Jahrestag | |
der Iranischen Revolution ist, ehrt die Berlinale den zum Schweigen | |
verurteilten Filmemacher mit einem Empfang auf dem roten Teppich und einer | |
Sondervorführung von "Offside" - dem Film, mit dem Panahi 2006 den | |
Silbernen Bären gewann. Nach Kosslick fährt Claudia Roth vor, sie trägt | |
einen hellgrünen Schal und posiert vor den Kameras mit dem Peace-Zeichen. | |
Dieses ist im Zuge der Grünen Bewegung im Iran zum wichtigen Symbol | |
geworden. In lockerer Abfolge tröpfeln weitere Prominente ein. Die | |
Gewinnerin des Goldenen Bären 2006, Jasmila Zbanic, ist eigens angereist. | |
Iris Berben kommt mit dem Schauspieler Bruno Ganz, sie tragen ein Konterfei | |
von Panahi um den Hals, das an einem dunkelgrünen Band hängt. Richi Müller, | |
Senta Berger, Dieter Schlöndorff gesellen sich dazu - und für einen Moment | |
kommen so etwas wie Emotionen auf. Ein Berlinale-Mobil mogelt sich zwischen | |
die Berlinale-Limos. Auf seiner Ladefläche prangt eine Plakatwand: Wo | |
bleibt Jafar Panahi? | |
Das Straßenpublikum, das am Rand steht, beginnt sich zum ersten Mal für den | |
Anlass des Promiauflaufs und auch für die Farbe Grün zu interessieren. | |
Worum gehts hier? Da niemand eine Antwort weiß, wandert das Interesse | |
schnell wieder zurück zum Aussehen ihrer Promis. Bruno Ganz sei ein | |
bisschen arg geschminkt, die Berben wirklich erstaunlich faltenfrei und die | |
Nase von Richi Müller, na ja. | |
Der Initiator der Solidaritätsbewegung wird als Letzter vorgefahren: Rafi | |
Pitts. Er hatte in einem offenen Brief an den iranischen Präsidenten | |
Ahmadinedschad gegen die Verurteilung Panahis zu sechs Jahren Haft und 20 | |
Jahren Berufsverbot protestiert. Pitts kommt in Jeans und schwarzer Jacke. | |
So recht mögen sich die Kameras nicht für ihn interessieren, und so läuft | |
er zügig über den roten Teppich hinein in den Berlinale-Palast. | |
Jafar Panahi selbst reagierte auf seine katastrophale Situation mit einem | |
offenen Brief an die Berlinale. "In der Welt eines Filmemachers fließen | |
Traum und Realität ineinander." Das ist der erste Satz. Und weiter: "Die | |
Wirklichkeit ist, dass mir für 20 Jahre das Denken und Schreiben untersagt | |
wurde." Nichts deutet darauf hin, dass er darauf hofft, dass sein | |
Berufungsverfahren vielleicht doch erfolgreich sein könnte: "Ich wurde zu | |
20 Jahren Stillschweigen verdammt. Aber in meinen Träumen schreie ich nach | |
einer Zeit, in der wir uns gegenseitig tolerieren und unsere jeweiligen | |
Meinungen respektieren, in der wir füreinander leben können." | |
Die iranische Regierung bemüht sich derzeit übrigens nicht nur nach Kräften | |
darum, die Existenz von Jafar Panahi zu zerstören. Sie hat seinen Kollegen | |
Mohammad Rasoulof mit derselben Strafe belegt. Doch da Rasoulof weniger | |
berühmt ist und auch bislang kein ausgewiesener Gast auf der Berlinale war, | |
hat sich das Festival entschlossen, ihn bei ihrer Erinnerungsarbeit nicht | |
zu berücksichtigen. Ein Fehler. | |
11 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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