# taz.de -- Versorgung Psychotherapieplätze: Therapie kann nicht alles richten | |
> Im Schnitt warten Leidende 2,5 Monate auf einen Platz beim | |
> Psychotherapeuten. Die Techniker Krankenkasse warnt trotzdem vor einer | |
> örtlichen Überversorgung. | |
Bild: Auf dem Land muss man noch länger auf einen Psychotherapieplatz warten a… | |
BERLIN taz | Durchschnittlich 2,5 Monate müssen sich Patienten hierzulande | |
gedulden, bis sie einen Psychotherapieplatz bekommen. Außerdem gibt es | |
deutliche Versorgungsunterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen. Dies zeigt | |
eine Studie, die die Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit der | |
Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) erstellt hat. "Wir haben eine | |
Unter- und Fehlversorgung", sagte Dieter Best, Vorsitzender der Vereinigung | |
am Montag. | |
An der Erhebung nahmen rund 2.500 psychologische - also nichtärztliche - | |
Psychotherapeuten teil. Behandler in Kleinstädten haben demnach die | |
längsten Wartezeiten. Dort mussten sich Leidende im Schnitt 100 Tage | |
gedulden, bis sie eine Psychotherapie beginnen konnten. In Großstädten | |
betrug die Wartezeit hingegen nur 62 Tage, in ländlichen Regionen waren es | |
nur wenige Tage mehr. | |
Psychotherapie ist eine Behandlung besonders für gebildete Schichten | |
mittleren Alters, darunter überproportional viele Frauen. Männer, alte | |
Menschen und Leidende aus weniger gebildeten sozialen Schichten | |
partizipieren "unterdurchschnittlich an der Versorgung mit ambulanter | |
Psychotherapie" erklärte Best. | |
Die Vereinigung fordert eine bessere Versorgung besonders in dünner | |
besiedelten Regionen. Auch die Bundespsychotherapeutenkammer erklärte | |
unlängst, die Wartezeiten für psychisch kranke Menschen sollten "in der | |
Regel drei Wochen nicht überschreiten". Die Kammer wies auf die | |
Ungleichverteilung zwischen den städtischen Regionen hin. | |
Wieso in "Essen, Bochum und Dortmund zehn Psychotherapeuten genügen, in | |
Düsseldorf aber 40 Psychotherapeuten für 100.000 Einwohner notwendig sind, | |
ist sachlich nicht zu begründen", heißt es einer Erklärung der Kammer. | |
Derzeit ist die Zahl der Sitze für Psychotherapeuten in den Regionen | |
festgelegt und orientiert sich an einer Bedarfsplanung aus dem Jahre 1999. | |
Diese Quotierungen werden momentan im Gesundheitsministerium diskutiert. | |
Die Zahl der Psychotherapeuten generell zu erhöhen ist aber nicht unbedingt | |
im Sinne der Krankenkassen. "Man kann nicht pauschal von einer | |
Unterversorgung in ländlichen Regionen sprechen", sagt Michaela Hombrecher, | |
Sprecherin der Techniker Krankenkasse. Die Zuteilung von Psychotherapie | |
richte sich vielerorts zu sehr nach dem Angebot an Therapeuten und nicht | |
nach dem Bedarf der Patienten. | |
In den Metropolen etwa fänden sich viele Patienten in Psychotherapien, die | |
da "nicht unbedingt hingehören". Oft führten äußere Belastungen, etwa auch | |
am Arbeitsplatz, zu seelischen Störungen, die sich nicht einfach durch noch | |
mehr Psychotherapie beheben ließen. | |
Die Behandlungen umfassten laut Studie im Schnitt 46 Sitzungen. Zu zwei | |
Dritteln wurden Verhaltenstherapien, zu einem Drittel tiefenpsychologische | |
Verfahren angewandt. | |
14 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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