# taz.de -- Geheimermittlungen in Hamburgs linker Szene: Spitzel von der Insel | |
> Der Hamburger Senat verweigert den Grünen die Auskunft um den Einsatz | |
> eines verdeckten Ermittlers aus Großbritannien. Die Abgeordnete Antje | |
> Möller sieht darin einen Verstoß gegen die Verfassung. | |
Bild: War der verdeckte Ermittler da? Demonstration im Mai 2007 gegen das EU-As… | |
HAMBURG taz | Antje Möller ist sauer: Obwohl die Grün-Alternative Liste | |
(GAL) bis vor knapp drei Monaten noch der Regierungskoalition mit den | |
Christdemokraten angehörte, verweigert der CDU-Senat der innenpolitischen | |
Sprecherin der Grünen nun die Auskunft. Es geht um die Frage, ob ein | |
inzwischen enttarnter verdeckter Ermittler von Scottland Yard oder dem | |
britischen Auslandsgeheimdienst "Secret Intelligence Service" - besser | |
unter "MI 6" (Military Intelligence Sektion 6) bekannt - auch in Hamburg | |
gearbeitet hat. | |
Und das, obwohl das Hamburgische Verfassungsgericht Ende Dezember letzten | |
Jahres den Hamburger Senat dazu verdonnert hatte, Bürgerschaftsabgeordneten | |
auf Anfragen umfassend Auskunft zu geben. "Ich fühle mich in meinen Rechten | |
als Parlamentarierin verletzt", sagt Möller der taz. | |
Dass der verdeckte Ermittler Mark Kennedy (42) rund um die Vorbereitungen | |
der Proteste gegen den G8-Gipfel im mecklenburgischen Heiligendamm 2007 | |
auch im Norden tätig war, gilt nach taz-Informationen als gesichert. "Das | |
Gesicht kommt uns bekannt vor", sagen jedenfalls AktivistInnen aus Hamburg, | |
Hannover und Bremen. "Auf internen Vorbereitungstreffen ist er aber nicht | |
aufgelaufen, dann wäre er wohl aufgefallen". | |
Kennedy, der seit 1995 Polizist ist, soll sich nach taz-Informationen seit | |
2003 in die Dienste des Geheimdienst der britischen Polizei gestellt haben | |
und sich zunächst bei der Umweltorganisation "Earth First" als Mark Stone | |
eingeschlichen haben. Dann spionierte er Anti-Rassismus-Organisationen und | |
Tierschutzgruppen in 22 Ländern aus. In Berlin ist er bei einem versuchten | |
Brandanschlags festgenommen worden. Alle Verfahren gegen Kennedy sind stets | |
eingestellt worden. | |
Während das baden-württembergische Innenministerium den Einsatz Kennedys im | |
April 2009 anlässlich des Nato-Doppelgipfels in Baden-Württemberg | |
bestätigt, allerdings bestreitet, dass der britische Spitzel als Agent | |
provocateur an Straftaten beteiligt war, bestreitet Berlin von seinem | |
Agieren überhaupt Kenntnis gehabt zu haben. Und auch Hamburg schweigt. In | |
einer Anfrage an den CDU-Senat wollte Möller nun wissen, wie der Einsatz | |
verdeckter Ermittler, die nicht der deutschen Polizei angehören, geregelt | |
sei. Möller bekam eine knappe unbefriedigende Antwort: "Zu konkreten | |
Einsätzen von verdeckten Ermittlern werden aus einsatztaktischen Erwägungen | |
weder Negativ- noch Positivauskünfte erteilt". | |
Das will Möller nicht auf sich sitzen lassen und hat einen Beschwerdebrief | |
an Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt verfasst. Schließlich hat gerade das | |
Hamburgische Verfassungsgericht auf Klage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten | |
Mathias Petersen entschieden, dass der Senat Parlamentariern gegenüber auf | |
Anfrage zu einer umfassenden Auskunft verpflichtet sei. "Eine Begründung | |
darf nicht inhaltsleer sein, sondern muss eine Sachaussage enthalten, sie | |
darf nicht formelhaft sein, sondern muss spezifischen Einzelfallbezug | |
haben", so die hanseatischen Verfassungsrichter. "Sie muss nachvollziehbar | |
sein, also überprüfbare Anknüpfungstatsachen benennen". Zudem verweist | |
Möller darauf, dass in der Anfrage nach "entsprechenden Kooperation in der | |
Vergangenheit" gefragt werde, "die heute mit Sicherheit keine | |
einsatztaktische Relevanz mehr haben." Doch Bürgerschaftspräsident Mohaupt | |
hat bislang nicht geantwortet. | |
Auf Anfrage der taz hüllt sich die Innenbehörde weiter in Schweigen. "Der | |
Senat hat sich geäußert, dann ist das erst mal abschließend", sagt | |
Innenbehördensprecher Ralf Kunz. "Es bleibt abzuwarten, ob wir dann noch | |
mehr preisgeben müssen." | |
17 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Magda Schneider | |
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