# taz.de -- Kolumne Staralbum: Der Sehnsüchtige | |
> Das ist alles ein bisschen zu viel. Erst den Grammy in den USA und jetzt | |
> sitzt er nach kurzem Zwischenstop in London auf der Berlinale. Win | |
> Butlers will nach Hause. | |
Bild: Asymmetrische Frisur: Win Butler von Arcade Fire. | |
Win Butler will eigentlich nur noch nach Hause. Und macht keinen Hehl | |
daraus. Am Sonntag hat seine Band Arcade Fire überraschend in den USA den | |
Grammy für das beste Album des Jahres in Empfang nehmen dürfen, zweieinhalb | |
Tage später sitzt er in Berlin auf der Berlinale, nach einem Zwischenstopp | |
in London. Alles ein bisschen viel für ihn. "Für mich fühlt sich das ein | |
bisschen so an, als wäre die Welt ein Stückchen nach links gerückt", sagt | |
Butler und klemmt etwas schüchtern die Hände unter der Tischplatte fest. | |
"So habe ich mich das letzte Mal gefühlt, als Obama North Carolina gewonnen | |
hat." | |
Unfreundlich oder unwillig ist er nicht, das krawalligste an dem Frontmann | |
der viel gefeierten Indieband ist wahrscheinlich seine scharf asymmetrische | |
Frisur, links nur ein paar Millimeter lang, rechts kinnlang und | |
durchgegelt. Übergeht höflich auch die dämlichste Journalistenfragen. | |
Euphorisch werden er, sein Bruder Will und Ehefrau Régine Chassange erst, | |
wenn die Rede auf Montreal kommt, auf ihr Zuhause, wo sie dringend mal | |
wieder hinmüssen. | |
Aber erst nach diesem Pressetermin auf der Berlinale. Denn Arcade Fire | |
haben nicht nur ein Album über die Suburbs gemacht, über Jugend, darüber, | |
wie es damals war, bevor die heilige Aufrichtigkeit der jungen Jahre in | |
sich zusammenstürzte. Sondern all das gemeinsam mit Regisseur Spike Jonze | |
auch in einen Kurzfilm gegossen. "Scenes from The Suburbs" heißt der, ist | |
dreißig Minuten lang und in einer Kurzversion bereits als Musikvideo der | |
Band erschienen. Mit einem Ensemble aus texanischen Teenagern, wie Butler | |
selbst einer war, erzählt der Film vom Zerbrechen einer Jungsfreundschaft - | |
und bebildert fast eins zu eins das, was Butler in seinen Texten besingt. | |
Inklusive einer dystopischen Vorort-Kampfszenerie, die von voll gepanzerten | |
Militärs dominiert ist. Gedreht über Butlers dreißigsten Geburtstag. | |
Spike Jonze mache Filme, wie er selbst Musik mache, sagt Butler. So, als | |
sei er noch immer dieser 15-Jährige mit dem Camcorder in der Hand. Erinnert | |
sich, wie er als Teenie immer nur halbe Filme sah, bevor die Eltern ihn und | |
seinen Bruder erwischten und vom Fernseher wegzogen, sodass sich Butler das | |
Ende selbst zusammenfantasieren musste. Warum er so oft über fallende | |
Bomben singe? "Warum singt Springsteen so oft übers Rumfahren?", fragt | |
Butler zurück. Habt Gnade, liebe Kollegen. Der gute Win muss jetzt einfach | |
schnell nach Hause. | |
18 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
## TAGS | |
Animationsfilm | |
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