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# taz.de -- Honduras soll Modellstädte kriegen: Vision von einer glücklichen …
> Präsident Lobo will mitten im Elend seines Landes glitzernde kleine
> Modellstaaten errichten. Das Parlament hat prompt die Verfassung dafür
> geändert.
Bild: Er hat noch Visionen: Honduras' Präsident Porfirio Lobo.
SAN SALVADOR taz | Schon nach einem guten Jahr im Amt hat der honduranische
Präsident Porfirio Lobo den Staat, dem er vorsteht, satt. Er will einen
neuen haben, einen viel schöneren. Er will ihn sich selbst schaffen, in
exterritorialen Gebieten, die er "Modellstädte" nennt. Die sollen eine
eigene Verwaltung haben und ein eigenes Justizsystem samt Polizei, eigene
Steuern erheben und internationale Handels- und Kooperationsverträge
abschließen.
Weil ein so weit gehender Verzicht auf Souveränitätsrechte in der
honduranischen Verfassung nicht vorgesehen war, hat sie das Parlament auf
Antrag des Präsidenten in der Nacht zum Donnerstag entsprechend geändert.
Seine Vision vom schönen neuen kleinen Staat mitten im Meer des Elends
beschreibt Lobo so: "Es wird keine Kriminalität geben, und die Menschen
werden angemessene Löhne bekommen. Sie werden Zugang haben zu einem guten
Bildungssystem und einem exzellenten Gesundheitswesen. Die Justiz wird
verlässlich sein. Und es werden jede Menge Arbeitsplätze entstehen."
Kurzum: Das glatte Gegenteil von dem, was Honduras heute ist.
Rund 70 Prozent der knapp 8 Millionen Einwohner leben in Armut, das Land
hat eine der weltweit höchsten Kriminalitätsraten. Ganze Provinzen werden
von Drogenmafias kontrolliert. Und was die Rechtssicherheit angeht: Lobo
selbst kam dank einer von den Militärs kontrollierten Wahl in den
Präsidentenpalast. Die Armee hatte zuvor seinen Vorgänger aus dem Amt
geputscht.
Das will Lobo ändern. Er will die günstigsten aller Bedingungen schaffen,
um ausländische Investoren anzulocken, am liebsten aus der Computer- und
Automobilindustrie. Sie sollen Konzessionen für bis zu 80 Jahre erhalten
und für die "beschleunigte Anwendung von Spitzentechnologie mit hoher
Wertschöpfung" sorgen.
Die Erste dieser exterritorialen Modellstädte soll auf tausend
Quadratkilometern irgendwo an der Atlantikküste entstehen. Als Lobo seine
Vision vorstellte, ließ er ein animiertes Video zeigen, in dem Hochhäuser
in Sekundenschnelle in den Himmel wachsen. Es sieht ein bisschen aus wie
Hongkong oder Singapur.
Dem Parlament hat es gefallen. Eine erdrückende Mehrheit stimmte den
nötigen Verfassungsänderungen zu. Kritik kommt lediglich von der
außerparlamentarischen Opposition. Gewerkschaften und linke Gruppierungen
nennen in einer Erklärung Lobo einen "Vaterlandsverräter". Seine Vision sei
das "Eingeständnis, dass Honduras ein gescheiterter Staat ist".
Lobo selbst gibt zu, dass er bislang keinen einzigen interessierten
Investor an der Hand hat. Er weiß noch nicht einmal, auf welchen tausend
Quadratkilometern seine erste Modellstadt entstehen soll. Geschweige denn,
wo er ausgebildete Fachkräfte für Unternehmen der Spitzentechnologie
hernehmen soll. Nach einer Studie der Unesco hinkt das Bildungssystem von
Honduras dem von Costa Rica oder Panama rund hundert Jahre hinterher. Doch
der Präsident beharrt darauf: "Wir werden dort unseren Traum wahrmachen und
das Land schaffen, das wir gerne hätten."
18 Feb 2011
## AUTOREN
C. Romero
T. Keppeler
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