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# taz.de -- Kommentar Sanktionen Libyen: Menschen erster und zweiter Klasse
> Der UN-Sicherheitsrat hat zu spät und nur halbherzig gehandelt. Die
> mutmaßlichen Verbrechen in Libyen und die Gefahr ihrer Fortsetzung
> erfordern jetzt ein Eingreifen.
Erst nach der Evakuierung sämtlicher US-AmerikanerInnen, fast aller anderen
westlichen und auch vieler der übrigen ausländischen StaatsbürgerInnen aus
Libyen haben die Regierung Obama und danach auch der UN-Sicherheitsrat
konkrete Maßnahmen gegen das Gaddafi-Regime beschlossen. Die Botschaft ist
klar: Es gibt Menschenleben und -rechte erster und zweiter Klasse. Die
Gefährdung von AusländerInnen durch Racheakte des Regimes wirkt schwerer
als der reale Tod von bislang weit über 1.000 LibyerInnen.
In der Sache blieben die USA und die übrigen 14 Mitglieder des
Sicherheitsrats am unteren Rand der Möglichkeiten des Sanktionskatalogs.
Maßnahmen, die eigenen Interessen schaden könnten - wie der Abbruch von
Ölkäufen oder von Wirtschaftsbeziehungen zu Libyen -, sie blieben aus. Und
dass das verhängte Waffenembargo, die Reiseverbote und die Sperrung
ausländischer Konten und Vermögen jetzt noch die erhoffte mäßigende Wirkung
auf das Gaddafi-Regime haben werden, ist unwahrscheinlich.
Dank der noch bis Mitte Februar anhaltenden Rüstungslieferungen auch aus
westlichen Ländern hat das Regime genügend Waffen, um die Freiheitsbewegung
weiter blutig niederzuschlagen und noch viele tausend Tote und verbrannte
Erde zu hinterlassen.
Ein solch düsteres Szenario zu verhindern, dazu hat der Sicherheitsrat kaum
beigetragen. Zwar ermächtigte der Rat den Internationalen Strafgerichtshof
zu Ermittlungen gegen das Gaddafi-Regime mit der Begründung, dass es sich
bei den bislang verübten "weitverbreiteten und systematischen Attacken
gegen die Zivilbevölkerung möglicherweise um Verbrechen gegen die
Menschlichkeit handelt". Aber man kann nicht warten, bis der Gerichtshof
vielleicht in einigen Jahren ein Urteil fällt.
Diese mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Gefahr ihrer
Fortsetzung erfordern schon jetzt ein Eingreifen. Zumindest in Form einer
Flugverbotszone, die vom Sicherheitsrat mandatiert und durchgesetzt wird
und das Ziel hat, weitere Luftbombardements gegen die Bevölkerung und das
Einfliegen von Söldnern zu verhindern.
In Libyen herrscht kein klassischer Bürgerkrieg, bei dem es nach der
allgemeinen Lehrauffassung kein völkerrechtliches Interventionsrecht gibt.
Der Sicherheitsrat hat sich in dieser Frage bislang um eine klare Antwort
gedrückt.
27 Feb 2011
## AUTOREN
Andreas Zumach
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