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# taz.de -- Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Leiharbeitsfirmen droht Pleite
> Die Leiharbeitsgewerkschaft CGZP war nie eine richtige Gewerkschaft, sagt
> das Bundesarbeitsgericht. Auf Unternehmen kommen nun
> Milliarden-Nachzahlungen zu.
Bild: Stahlarbeiter der ThyssenKrupp AG demonstrieren in Duisburg gegen Leiharb…
BERLIN taz | Hunderte von Leiharbeitsfirmen könnten pleite gehen, weil sie
Arbeitnehmern Löhne nachzahlen und an die Sozialkassen für die letzten vier
Jahre höhere Beiträge abführen müssen. "Es geht um existenzielle
Nachforderungen im einstelligen Milliardenbereich", sagte Alexander Gunkel,
Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der
Arbeitgeberverbände (BDA), am Montag zur taz.
Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits am 14. Dezember 2010 entschieden,
dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und
Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist, also keine
Tarifverträge abschließen darf. Die CGZP war in den vergangen Jahren wegen
Lohndumping in die Kritik geraten. Mehr als 200.000 Leiharbeiter sollen
unter CGZP-Verträgen zum Teil für Löhne von unter 5 Euro gearbeitet haben.
Aus dem Urteil des Gerichts war jedoch nicht klar geworden, ob die CGZP
auch in den vergangenen Jahren tarifunfähig war. Die Richter legten am
Montag die ausführliche Begründung vor. Darin sprechen sie der CGZP die
Tariffähigkeit zwar auch nur für den Zeitpunkt 14. Dezember 2010 ab. "Aber
der Begründung ist zu entnehmen, dass die CGZP von Anfang an an einem
Geburtsfehler gelitten hat", sagte BAG-Sprecher Christoph
Schmitz-Scholemann der taz. "Damit ist die Kernfrage beantwortet: Die CGZP
konnte auch in der Vergangenheit keine Tarifverträge abschließen, deswegen
gilt das Equal-pay-Gebot mit allen Folgen."
Leiharbeiter mit unwirksamen CGZP-Verträgen können jetzt einklagen, dass
ihnen die gleichen Löhne wie der Stammbelegschaft gezahlt werden. Die
Deutsche Rentenversicherung Bund könnte laut Schätzungen Sozialbeiträge von
2 Milliarden Euro nachfordern. "Das Urteil ist wegen seines Ausmaßes in der
deutschen Arbeitsrechtsgeschichte einmalig", sagte Schmitz-Scholemann.
Die Richter stellten in ihrer Begründung allein auf Satzungsfragen ab. Die
CGZP ist demnach als Tarifgemeinschaft nicht befugt gewesen, Leiharbeiter
in allen Wirtschaftsbereichen zu vertreten, weil auch ihre einzelnen
christlichen Mitgliedsgewerkschaften diese nicht abdecken.
Die Folgen reichen weit: Der BDA weist darauf hin, dass die
Leiharbeitsfirmen mit CGZP-Verträgen sowie auch die Entleihfirmen bereits
jetzt Rücklagen für Nachforderungen bilden müssen. "Es kann passieren, dass
allein deswegen so manches Unternehmen Insolvenz anmelden muss", sagte
Gunkel. Betroffen seien vor allem kleine und mittelständische
Leiharbeitsfirmen.
Bei der Deutschen Rentenversicherung hatte man bereits im Dezember bei rund
1.400 Leiharbeitsfirmen Betriebsprüfungen angemeldet, um Verjährungen der
Beitragsforderungen zu verhindern. DRV-Sprecher Dirk von der Heide wollte
am Montag nur bestätigen, dass man die Urteilsbegründung noch prüfe. Doch
Experten gehen davon aus, dass nachgezahlt werden muss.
"Das ist nur noch reine Formsache", sagte Christiane Brors, Professorin für
Arbeitsrecht an der Uni Oldenburg. Bei etlichen Arbeitsgerichten ruhen
derzeit Klagen von Leiharbeitern gegen die CGZP, die jetzt rasch
entschieden werden könnten. Bei der CGZP sieht Vize-Vorsitzender Jörg
Hebsacker in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts "eine ganze Reihe
von Merkwürdigkeiten". Man werde wahrscheinlich vors Verfassungsgericht
ziehen - "jetzt erst recht". Allerdings denke man langfristig an die
Möglichkeit, die CGZP aufzulösen.
28 Feb 2011
## AUTOREN
Eva Völpel
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