# taz.de -- Kommentar zur Klage gegen AKW-Laufzeiten: Die Abwägung des GAUs | |
> Ein Gericht muss bewerten, was es mit der angeblichen Sicherheit der AKWs | |
> auf sich hat. Die Entscheidung könnte zeigen, dass die Atompolitik der | |
> Regierung ein Irrtum war. | |
Darf ein Staat seinen BürgerInnen das Risiko eines nuklearen Mega-Unfalls | |
zumuten? Der Zehntausende das Leben kosten könnte und ganze Landstriche | |
unbewohnbar machen würde? Wie hoch darf die Wahrscheinlichkeit dessen sein, | |
bevor er das grundlegende Recht seiner BürgerInnen auf Leben verletzt? Eins | |
zu tausend? Eins zu einer Million? | |
Das Bundesverfassungsgericht muss diese Frage nun erörtern, das ist der | |
spannende Teil der Klage von SPD und Grünen. Sie haben damit die richtige | |
Frage gestellt, jenseits aller sonstigen Diskussionen um die Kernkraft - | |
dass sie sehr wohl den Ausbau regenerativer Energie behindert, auf | |
Jahrtausende ein Müllproblem hinterlässt. Die andere zu klärende Frage, ob | |
der Bundesrat bei der Laufzeitverlängerung hätte zustimmen müssen, ist | |
letzten Endes das Vehikel für die große Grundsatzfrage dahinter. | |
Diese ist nun zum Glück herausgelöst aus den politischen Schlachten in | |
diesem Jahr. Regierung und Opposition müssen sich nun in ihre Gräben | |
zurückziehen, ihre Parteien emotional mitreißen, sie sind zu einer | |
sachlichen Diskussion kaum mehr in der Lage. Zwar kann auch das Gericht den | |
BürgerInnen die Frage, ob sie das Risiko akzeptieren wollen, nicht | |
abnehmen. Die Proteste werden kaum abreißen und Castoren ungehindert durchs | |
Land rollen. Aber es hat die Chance, aufzuzeigen, ob der Staat den Schutz | |
seiner Bürger ernst nimmt. | |
Dabei geht es auch darum, zu bewerten, was es mit den Beteuerungen über die | |
angebliche Sicherheit der AKWs auf sich hat: Dass es die nicht zu 100 | |
Prozent gibt, liegt auf der Hand. Sollte das Gericht zu dem naheliegenden | |
Schluss kommen, dass ein noch so geringes Risiko einer Superkatastrophe | |
ausreicht, eine Technologie ad acta zu legen, wäre das auch ein | |
Eingeständnis, dass die Atompolitik der Bundesrepublik ein kolossaler | |
Irrtum war. Und nebenbei können die Atomkonzerne bis zur Entscheidung nur | |
Däumchen drehen - ihre Lobbymaschine hat Einfluss auf die schwarz-gelbe | |
Koalition, nicht aber auf die Richter. | |
28 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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