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# taz.de -- Anschlag in Pakistan: Islamisten ermorden Minister
> Shabaz Bhatti kämpfte für ein anderes Blasphemie-Gesetz. Dafür wurde der
> Minister für Minderheiten nun umgebracht. Er ist das zweite prominente
> Opfer islamistischen Terrors.
Bild: Ein Polizeibeamter untersucht die von Kugeln durchlöcherte Tür des Mini…
DELHI taz | Er war an diesem Morgen ohne seine Bodyguards unterwegs. "Ich
kann den Sicherheitsmaßnahmen nicht vertrauen", hatte Pakistans Minister
für religiöse Minderheiten, Shabhaz Bhatti, schon vor Wochen erklärt. Der
einzige Christ in Pakistans Regierung ahnte bereits, dass er der nächste
Name auf der Todesliste sein werde. Am Mittwochmorgen erschossen ihn
bewaffnete Männer kaltblütig auf offener Straße mitten in der Hauptstadt
Islamabad. Kaum zwei Monate zuvor war unweit vom Tatort Salman Taseer, der
einflussreiche Gouverneur der Punjab-Provinz, von seinem eigenen
Leibwächter niedergeschossen worden.
Taseer und Bhatti hatten sich beide vehement für die Abschaffung von
Pakistans umstrittenen Blasphemie-Gesetz ausgesprochen, das Gotteslästerung
und die Entweihung des Korans mit dem Tode bestrafen kann. Nach dem Mord an
Taseer ahnte Bhatti sofort, dass er das nächste Opfer werden könnte: "Ich
glaube, dass Schutz nur vom Himmel kommen kann, Bodyguards können dich
nicht retten", sagte er.
Der 42-jährige Katholik hatte sich von der Fatwa nicht von seiner
kritischen Haltung abbringen lassen: "Wir müssen gegen diese
terroristischen Kräfte kämpfen, weil sie das Land terrorisieren", erklärte
er Mitte Januar. In der Fatwa hatten islamische Geistliche dazu aufgerufen,
den Politiker zu köpfen.
Am Tatort fand die Polizei Flugblätter der pakistanischen Taliban. Diese
bekannten sich später zu dem Mord. Allerdings bleibt unklar, woher die
Täter offenbar wussten, dass Bhatti an diesem Morgen ohne seine
Sicherheitsleute unterwegs war.
In Pakistan häufen sich Verurteilungen und Festnahmen wegen
Gotteslästerung. Im November 2010 war die 45-jährige Christin Asia Bibi
wegen Blasphemie-Verdacht zum Tod am Galgen verurteilt worden. Bhatti hatte
sich ebenso wie Taseer für eine Begnadigung der fünffachen Mutter
eingesetzt. Nun sind beide Politiker tot.
Nach dem Mord an Taseer in Pakistan gingen zehntausende Menschen auf die
Straße, um den Mörder zu feiern und gegen eine Revision des Gesetzes zu
demonstrieren. Die Regierung gab daraufhin bekannt, es werde keine
Änderungen geben. Menschenrechtsgruppen fordern schon seit Langem eine
Abschaffung des Gesetzes, weil es oft dazu genutzt wird, persönliche
Streitigkeiten auszutragen. Meist reicht ein bloßer Verdacht der
Gotteslästerung aus, um jemanden monatelang ins Gefängnis zu bringen.
Der Tod von Taseer und Bhatti ist nur ein Teil der beängstigenden
Entwicklung in dem islamischen Land. Inzwischen müssen nicht nur religiöse
Minderheiten und couragierte Politiker um ihr Leben bangen. Der britische
Journalist George Fulton, der politische Talkshows und Dokumentar-Serien im
pakistanischen Fernsehen moderierte, hat nach neun Jahren das Land
verlassen. In einem Abschiedsbrief in der Zeitung Express Tribune schreibt
er: "Pakistan, du stehst am Abgrund. Eine hauchdünne Wand trennt dich von
einem gescheiterten Staat."
2 Mar 2011
## AUTOREN
Agnes Tandler
## TAGS
Pakistan
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