# taz.de -- Intervention in Libyen: Lufthoheit über Tripolis | |
> Was lässt sich gegen das Morden im Land tun? Die USA schließen einen | |
> militärischen Eingriff nicht aus und deutsche Politiker debattieren über | |
> eine Flugverbotszone. | |
Bild: Die Polizei geht in Tripolis mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. | |
BERLIN taz | Die Debatte über ein internationales militärisches Eingreifen | |
in Libyen wird lauter. Seit die US-Regierung einen weitergehenden Einsatz | |
eigener Streitkräfte nicht mehr ausschließt, diskutieren nun auch deutsche | |
Politiker über Für und Wider eines Militäreinsatzes. FDP und Grüne lehnen | |
den Einsatz von Flugzeugen über Libyen nicht grundsätzlich ab, die Linke | |
hingegen hält das für fatal. | |
US-Präsident Barack Obama erklärte, im Umgang mit dem Konflikt behalte sich | |
sein Land "die ganze Palette an Optionen" vor. Die USA ließen sich in ihren | |
Entscheidungen "nicht fesseln", sagte Obama. Die weiteren Schritte würden | |
in Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft getroffen. Der | |
US-Präsident forderte erneut den Machtverzicht von Libyens | |
"Revolutionsführer" Gaddafi. | |
Doch was ist sinnvoll, was möglich, um die Lage der Menschen in Libyen zu | |
verbessern? Darüber gehen die Meinungen unter deutschen Politikern weit | |
auseinander. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, | |
Omid Nouripour, erklärte der taz: "Die Gremien, die ein militärisches | |
Eingreifen in Libyen beschließen müssten, wären nicht nur der | |
UN-Sicherheitsrat, sondern auch die Afrikanische Union und die Arabische | |
Liga." | |
Das Eingreifen internationaler Truppen am Boden hält Nouripour für | |
ausgeschlossen. Eher gehe es um Flugverbote für Gaddafis Kampfflugzeuge, | |
die Berichten zufolge auch Zivilisten angreifen. "Falls Deutschland erwägt, | |
sich an der Durchsetzung einer Flugverbotszone zu beteiligen, muss allen | |
klar sein, dass dabei auch geschossen wird." Deutsche Soldaten könnten | |
sterben. Gaddafis Luftabwehrstellungen seien potenzielle Ziele und in der | |
Lage, Flugzeuge abzuschießen. | |
Ähnlich äußerte sich der Außenpolitik-Experte der Unions-Fraktion, Philipp | |
Mißfelder, gegenüber der taz: "Ich halte die Debatte über ein militärisches | |
Eingreifen für verfrüht. Jede Intervention bräuchte den Segen von UN, | |
Afrikanischer Union und Arabischer Liga." | |
Die Bundesregierung zeigt sich einsilbig. Sie will sich noch nicht auf eine | |
offizielle Linie bei internationalen Beratungen festlegen. Ein | |
Außenamtssprecher sagte lediglich, die Debatte über eine Flugverbotszone | |
müsse "mit aller gebotenen Umsicht" geführt werden. | |
Deutlicher äußerte sich der außenpolitische Sprecher der FDP im | |
Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff: "Sollten die Anführer der | |
libyschen Opposition tatsächlich geschlossen eine ausländische Intervention | |
erbitten und die Situation ein entschiedenes Eingreifen erfordern, müssen | |
wir ein solches Vorgehen auch ernsthaft in Betracht ziehen", sagte | |
Lambsdorff. Er schränkte allerdings ein, ein "direktes militärisches | |
Eingreifen des Westens" sei "ganz klar die am wenigsten wünschenswerte | |
Handlungsoption von allen". Der Westen habe schlechte Erfahrungen mit | |
Interventionen im Nahen Osten und Nordafrika. | |
Auch der Grüne Nouripour sieht die Zeit für die Schaffung einer | |
Flugverbotszone noch nicht gekommen: "Es gibt eine Eskalationstreppe, die | |
man besteigen muss, Schritt für Schritt." | |
Überhaupt solche Überlegungen hält Wolfgang Gehrcke, der außenpolitische | |
Sprecher der Linken im Bundestag, für fatal: "Schon das Spekulieren darüber | |
stärkt den Gaddafi-Clan", sagte Gehrcke der taz. Denn so könne sich das | |
Regime als Verteidiger Libyens gegen ausländische Aggressoren darstellen. | |
"Eine Militärintervention würde zu einem zweiten Irakkrieg führen", | |
urteilte Gehrcke. | |
"Wer Gaddafi weghaben will, der muss den politischen Druck aufs Regime | |
erhöhen." Besser als eine Intervention seien eine Stärkung der bisher | |
unübersichtlichen Opposition im Land, ein Verbot von Waffenexporten in den | |
gesamten Nahen Osten und die Aufnahme libyscher Flüchtlinge in den | |
EU-Staaten. | |
4 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Matthias Lohre | |
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