# taz.de -- Kommentar Biosprit E10: Merkel chaotisiert Zapfsäule | |
> In Sachen E10 agiert die Regierung so überzeugend wie ein | |
> Formel-1-Fahrer, der sich für Tempo 100 ausspricht. Sie sollte lieber | |
> Konzernchefs behelligen, statt Verbraucher verunsichern. | |
Zumindest für eine ist das E10-Debakel an deutschen Tankstellen super - die | |
Mineralölindustrie. Sie macht erstens ein gutes Geschäft, weil die | |
Autofahrer den mit 10 Prozent Bioethanol angereicherten Sprit meiden und | |
stattdessen das teure Super kaufen. Und sie darf sich zweitens | |
zurücklehnen, weil sich die Umweltpolitik von selbst erledigt. Zu | |
stümperhaft ist die Einführung des Kraftstoffs, der der Umwelt nicht mal | |
viel hilft. | |
Erderwärmung stoppen? Weg vom Öl? Verkehr umbauen? Sicher, dazu hat sich | |
die Regierungsmannschaft von Angela Merkel verpflichtet. Nun agiert sie | |
aber so überzeugend wie ein Formel-1-Fahrer, der sich für eine | |
Geschwindigkeitsbegrenzung ausspricht. Die Politik lenkt ab. Merkel schiebt | |
das Problem zu den Verbrauchern an der Zapfsäule, das einfacher von den | |
Ingenieuren bei Daimler, VW oder Opel gelöst werden kann. | |
Biomasse kann künftig womöglich zur Energiegewinnung beitragen, im Tank | |
nützt sie aber wenig. Wer dem Klima helfen, den Spritkonsum drosseln will, | |
muss das Auto abspecken und die PS-Fantasien in der Garage lassen. Für | |
Politiker heißt das: Autobauern rigide Grenzen setzen. Sie muss dafür | |
sorgen, dass Daimlers Luxuskarossen in zehn Jahren zum Beispiel nur noch 60 | |
Prozent der heutigen Menge an Kohlendioxid in die Luft blasen. Den | |
Entwicklern bleibt Zeit, die geeignete Technik auszutüfteln. | |
Dass sich Merkels Truppe dies nicht traut, ist ärgerlich. Sie verwirrt | |
lieber Tausende Autofahrer, als fünf deutsche Konzernchefs zu behelligen. | |
Dabei würde das nicht nur dem gebeutelten Planeten helfen, es wäre auch im | |
Interesse der Konzerne und Arbeitnehmer: Sie könnten sich Absatzmärkte | |
sichern in Zeiten hoher Ölpreise. Die Regierung habe die Verbraucher bei | |
E10 nicht mitgenommen, so erklären die Spin-Doctors das Debakel. Mag sein. | |
Viel wichtiger: Die Regierung muss die Unternehmer mitnehmen, besser | |
gesagt: nötigen. | |
4 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Preisschraube an der Tankstelle: Öl für Anfänger | |
Wird Benzin teurer, wenn die arabischen Länder demokratisch werden? Warum | |
steigt der Preis an der Tankstelle schnell? Acht Fragen zum wichtigsten | |
Rohstoff der Welt. | |
Chaos um Agro-Kraftstoff E10: Der große Benzinboykott | |
Vor dem E10-Gipfel verteidigt die Bundesregierung die Einführung des | |
Agrosprits. Die Grünen fordern einen Stopp und die Ökoenergiebranche nennt | |
das Benzin sinnvoll. | |
Kommentar E10-Benzingipfel: Ölkonzerne müssen umdenken | |
Die Verbraucher haben gezeigt, dass sie sich nicht alles bieten lassen. | |
Wenn die arroganten Mineralölkonzerne nicht umdenken, werden sie auf E10 | |
sitzen bleiben. | |
Neuer Agro-Kraftstoff E10: Super-Schuldiger gesucht | |
Der neue Agro-Kraftstoff E10 floppt beim Verbraucher, die Hersteller ziehen | |
die Reißleine. Nun tobt die politische Debatte: Wer hat wann was falsch | |
gemacht? |