# taz.de -- Umweltindex für Fluglinien: Ökos brauchen kurze Beine | |
> Klimabilanzen für Fluglinien sind komplizierte Rechenarbeit. Bis vor | |
> kurzem schien ein solcher Index unmöglich. Jetzt zeigt er: Auch der | |
> Testsieger ist nur drittklassig. | |
Bild: Am nachhaltigsten ist es, man bleibt zuhause und faltet Papier. | |
Wer mit halbwegs gutem grünen Gewissen fliegen will, braucht kurze Beine. | |
Denn das effizienteste Flugzeug ist eines, wo möglichst viele Sitze auf | |
möglichst geringem Raum zusammengepresst werden. Je mehr Platz, je mehr | |
Business- oder First Class-Plätze es im Flugzeug gibt, desto schlechter die | |
Ökobilanz. | |
Die errechnet sich anhand von "Effizienzpunkten". Für eine Städteverbindung | |
(etwa: Berlin-Paris) wurde die optimale Öko-Rechnung erstellt: Das Flugzeug | |
mit dem niedrigsten Verbrauch und der engsten Bestuhlung, das vollständig | |
mit Passagieren und Fracht ausgelastet ist, bekam 100 Prozent. Dann wurden | |
die Daten aller Fluglinien, die Paris-Berlin bedienen, mit diesem Idealwert | |
verglichen: Heraus kommt ein Prozentwert, wie nahe die jeweiligen Airlines | |
der grünstmöglichen Variante kommen. | |
Die Gesamtbilanz aller Airlines errechnet sich dann aus einem Durchschnitt | |
der Effizienzpunkte, die die Gesellschaft auf ihren Strecken sammelt: Der | |
Spitzenreiter Monarch Air fliegt also im Schnitt mit 77,4 Prozent der | |
bestmöglichen Öko-Leistung, das Schlusslicht South African Airlink nur mit | |
13,8 Prozent. Keine Fluglinie erreicht dabei einen besseren Wert als 80 | |
Prozent, der in den Effizienzklassen A und B bedeutet. | |
Die Öko-Berechnung richtet sich ausschließlich nach dem Ausstoß des | |
Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Den größten Anteil daran hat der Faktor | |
Passagierauslastung (30 bis 60 Prozent), gefolgt von Flugzeugtyp (20 bis | |
40), Bestuhlung und Frachtauslastung (jeweils 5 bis 15) und kleinen | |
Faktoren. Als Ergebnis erscheint ein Wert für die CO2-Emissionen pro | |
Nutzlastkilometer. Die Rechnung umfasst 95 Prozent aller Flugzeugtypen und | |
92 Prozente aller weltweiten Flüge. | |
"Ich habe lange gedacht, eine solche Rechnung sei seriös gar nicht zu | |
machen, das braucht einfach zuviele Daten", sagt Atmosfair-Chef Dietrich | |
Brockhagen. Doch die Verfügbarkeit von Daten habe sich dramatisch | |
verbessert: Inzwischen gebe es Dienste, etwa bei der internationalen | |
Luftfahrbehörde ICAO oder dem US-Verkehrsministerium, bei denen man für | |
viel Geld detaillierte Informationen über die Flugzeuge und ihren | |
Kerosinverbrauch bekomme. | |
[1][atmosfair] ist eine gemeinnützige GmbH, die 2003 vom alternativen | |
Reiseveranstalter "forum anders reisen" und der Umwelt- und | |
Entwicklungsorganisation "Germanwatch" gegründet wurde. | |
Ziel der Organisation war und ist es, die zunehmende Belastung des Klimas | |
durch den steigenden Flugverkehr zu thematisieren. atmosfair war der erste | |
Anbieter von "Kompensationen" für Flüge: Mit einem Rechner auf der Homepage | |
kann sich jeder Fluggast ausrechnen, mit wieviel Kilogramm CO2 er durch | |
seinen Flug zum Klimawandel beiträgt. | |
Ein Beispiel: Der Flug Frankfurt-New York und zurück verursacht 4,1 Tonnen | |
CO2, jedem Menschen stehen aber nur zwei bis drei Tonnen jährlich zu, wenn | |
der Klimawandel begrenzt werden soll. Kompensierbar ist dieser Flug für 96 | |
Euro, das in Klimaschutzprojekten etwa in Südafrika oder Indien investiert | |
wird. Pro Jahr kommen auf diese Weise etwa 2,5 Millionen Euro zusammen. Die | |
Verbraucherzentralen loben atmosfair für den effizienten Einsatz der | |
Spendenmittel. | |
atmosfair versteht seine Arbeit allerdings nicht als "Ablasshandel". Die | |
Aktivisten stellen klar, dass der Ausgleich nur die zweitbeste Lösung ist. | |
Deshalb bieten sie auch Beratung und Software an, mit der Firmen etwa | |
Telekonferenzen organisieren und Flüge vermeiden. | |
6 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.atmosfair.de/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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