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# taz.de -- Irlands Koalition steht: Neue Regierung ohne Zukunft
> Jede Woche nehmen sich zehn Iren das Leben. Die Arbeitslosenquote liegt
> bei 14 Prozent, die Auswanderung steigt. Und die Schulden aus der
> Bankenkrise sind untilgbar.
Bild: Der designierte Regierungschef Enda Kenny dürfte in seiner Amtszeit nich…
DUBLIN taz | Neun Tage nach den Parlamentswahlen in Irland haben sich die
Wahlgewinner auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Die rechtskonservative
Partei Fine Gael, die mit 76 Sitzen die absolute Mehrheit verfehlte, musste
die 37 Abgeordneten der Labour Party mit ins Boot nehmen. Es ist die siebte
Auflage dieser Koalition. Diesmal verfügt sie über die größte
Parlamentsmehrheit in der irischen Geschichte.
Sie erbt ein Land, das in einem erbärmlichen Zustand ist: steigende Steuern
und sinkende Löhne, eine Arbeitslosigkeit von fast 14 Prozent, sodass jede
Woche tausend Iren auswandern. 75.000 Menschen können ihre Hypotheken nicht
mehr bedienen, jede Woche nehmen sich zehn Iren das Leben. Die Schuldigen
an der Misere haben die Wähler in der alten Koalition aus Fianna Fáil und
den Grünen ausgemacht. Die ließen lieber die Nation als die Banken
pleitegehen. Fianna Fáil fuhr deshalb mit 20 Mandaten das schlechteste
Ergebnis seit der Parteigründung ein, die Grünen verloren ihre sechs
Abgeordneten und spielen in der irischen Politik vorerst keine Rolle mehr.
Doch mit dem Regierungswechsel geht kein Richtungswechsel einher. Es ist
wie das Umstellen der Liegestühle auf der "Titanic".
Fine-Gael-Chef Enda Kenny, der am Mittwoch auf der ersten Sitzung des neuen
Parlaments zum Premierminister gewählt wird, hatte im Wahlkampf getönt, er
werde das "Rettungspaket" neu verhandeln: Irland musste im Dezember Kredite
von EU und Internationalem Währungsfonds in Höhe von 85 Milliarden Euro
beantragen, um die Bankschulden bezahlen zu können.
Am Samstag kehrte Kenny kleinlaut vom Treffen der konservativen
Europäischen Volkspartei (EVP) aus Helsinki zurück. Kanzlerin Angela Merkel
hatte ihm klargemacht, dass ohne Gegenleistung gar nichts gehe. Sie will,
dass Irland die Körperschaftsteuer von 12,5 Prozent an das europäische Maß
anpasst, doch Kenny lehnte das ab. Man müsse eben andere Wege finden, um
die Kosten für Irlands Bankenrettung zu senken, wenn man die Verluste nicht
den Anteilseignern aufbürden könne, sagte er. Diese Wege gibt es nicht,
Irland wird spätestens in drei Jahren zahlungsunfähig sein.
Viele warnten die Labour Party deshalb vor einer Koalition mit Fine Gael.
Jimmy Kelly, Generalsekretär der Labour-nahen Gewerkschaft Unite, beschwor
den Parteichef Eamon Gilmore, in die Opposition zu gehen, statt diese Rolle
der abgehalfterten Fianna Fáil zu überlassen. Denn andernfalls würde die
Labour Party zwischen einer konservativen Regierungspartei und einer ebenso
konservativen Oppositionspartei zerrieben. Doch die Würfel waren längst
gefallen. Nach dem Paarungsritual zwischen Kenny und Gilmore geht es auf
der Grünen Insel mit neuem Personal weiter wie gehabt.
6 Mar 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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