Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Prozess wegen brennender Autos: Politbrandstifter verurteilt
> Zum ersten Mal erreicht die Staatsanwaltschaft ein Urteil gegen einen
> Linken wegen Autobrandstiftung. Der Deal: Für sein Geständnis erhält er
> eine Bewährungsstrafe.
Bild: Auto nach einem Brandanschlag im April 2009.
Erstmalig ist in Berlin ein "politischer Autobrandstifter" verurteilt
worden. Das Landgericht sprach am Dienstag den 28-jährigen Thomas K.
schuldig, im Juli und September 2010 jeweils einen Volkswagen angezündet zu
haben. Nach einem Geständnis bekam der Kreuzberger eine dreijährige
Bewährungsstrafe.
Zuletzt waren vermeintliche politische Autozündler mangels Beweisen
freigesprochen worden. Im Fall Thomas K. wollten die Ermittler alles
richtig machen. Schon länger hatten sie den Arbeitslosen im Visier,
observierten wochenlang seinen Hauseingang mit Videokameras. Als K. im
September einen VW Golf anzündete, wurde er von Beamten beobachtet. Diese
löschten die Flammen und nahmen ihn wenig später fest. Seine Kleidung wurde
beschlagnahmt, Hände und Füße wurden zur Spurensicherung in Tüten verpackt.
Seitdem saß K. in U-Haft.
Zum Prozess finden sich gut 25 Unterstützer aus der linken Szene ein. In
einem Internetblog geißeln sie die Anklage gegen "unseren Genossen" als
"abstruse Konstruktion". Blass sitzt Thomas K. in grünem Kapuzenpullover
und Jeans auf der Anklagebank, verfolgt beinah teilnahmslos den Prozess.
Drei Autobrandstiftungen wirft ihm der Staatsanwalt vor: im Juli, August
und September letzten Jahres, jeweils vor seiner Haustür. In zwei Fällen
geriet auch ein danebenstehendes Auto in Brand. Die erste Tat wird auf
Videoaufnahmen festgehalten.
Er sei sehr betrunken gewesen, habe acht bis zehn Bier getrunken, lässt
Thomas K. seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen - und gesteht zwei der
Brandstiftungen. "Die Person auf den Videos bin ich." Den dritten
Autobrand, von der Beweislage unklarer, lässt das Gericht mit Blick auf die
Gesamtstrafe fallen. "Es tut mir leid", sagt K. Er habe in den sechs
Monaten U-Haft "sehr gelitten", wolle mit seiner Verlobten eine Familie
gründen und künftig straffrei leben.
Dann geht alles ganz schnell. Schon im Vorfeld hatten Richter, Staatsanwalt
und Verteidiger einen Deal ausgehandelt. Im Falle eines Geständnisses
bleibe es bei einer Bewährungsstrafe. Ebendies verkündet am Ende die
Richterin: 22 Monate Haft für Brandstiftung und versuchte Sachbeschädigung,
ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. K. habe mit seinem Geständnis den
Prozess "erheblich beschleunigt" und sei nicht vorbestraft gewesen, würdigt
die Richterin. Zudem habe die U-Haft sichtlich eine Zäsur dargestellt.
Dennoch: Es sei "kein Spaßdelikt", Autos in der Nähe von Wohnhäusern
anzuzünden. Die Taten hätten einen hohen Schaden angerichtet. Das fordere
eine "deutlich spürbare Strafe", so die Richterin. Von einer politischen
Tat spricht sie nicht, lässt das Motiv offen. Auch der Staatsanwalt sieht
"eher eine alkoholische Beeinflussung als einen unbeirrbaren
Gesinnungstäter".
K. nimmt das Urteil regungslos zur Kenntnis - und darf frei nach Hause
gehen. In einem linken Internetportal wird der Prozess ambivalent
kommentiert. Die Solidaritätsarbeit habe zu kurz gegriffen, K. sei "hinter
den grauen Mauern gebrochen" worden und habe sich deshalb auf ein
Geständnis eingelassen. Dennoch sei man froh, "Thomas wieder in unserer
Mitte zu haben".
In den letzten Jahren fanden sich erst zwei mutmaßliche Politzündler vor
Gericht wieder - beide wurden 2010 freigesprochen. Die große Welle der
Autobrandstiftungen scheint ohnehin verebbt. Konstatierte die Berliner
Polizei 2010 noch 54 Autobrände, die von ihr als politisch motiviert
eingestuft wurden, waren es dieses Jahr bisher nur 8. Im Hochjahr der
Autobrände, 2009, gab es noch 221 "politische" Brandstiftungen.
8 Mar 2011
## AUTOREN
Konrad Litschko
Konrad Litschko
## TAGS
Brandstiftung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Autobrandstiftungen in Berlin: Meistens unpolitisch
Der Verfassungsschutz-Ausschuss beschäftigt sich mit brennenden Autos.
Innensenator Geisel: Nur ein Viertel aller Fälle mit politischem
Hintergrund.
Polizei verfolgt Autobrandstifter: Mit Hubschrauber und Wärmebildkamera
Acht Fahrzeuge brennen in Berlin in einer Nacht. Polizei verfolgte
Verdächtige per Hubschrauber und nimmt zwei Radfahrer fest. Einer ist schon
wieder frei.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.