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# taz.de -- Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Stolberg: Absturz eines Vorzeige…
> Niels Stolberg wurde in Bremen gefeiert als ein Unternehmer, der nicht
> nur gute Geschäfte macht, sondern auch Gutes tut. Jetzt hat er seine
> Macht verloren - und die Staatsanwaltschaft am Hals.
Bild: Wahrscheinlich auf Jahre kaltgestellt: Niels Stolberg.
BREMEN taz | Niels Stolberg ist jetzt kalt gestellt. Auf Jahre, davon darf
man ausgehen: Zwar, der Lokalzeitung, die ihn stets feierte, hat der
Vorzeige-Reeder gestern noch anvertraut, er werde kämpfen. Aber die Frage
ist ja, ob man ihn lässt. Denn jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Das hat Folgen. Die Wirtschaftspostillen, die reihenweise in Großporträts
Stolbergs "jungenhaften Charme" und sein vielfältiges "soziales Engagement"
rühmten, finden nun den Nachrichtenton angemessen.
Andere bemerken erstmals, dass sein Haar immer schon "zu blond gefärbt"
war. "Schwerer Betrug" lautet der Arbeitstitel, den die Staatsanwaltschaft
der Akte Stolberg gegeben hat. Die Bilanzen würden Unregelmäßigkeiten
aufweisen, hieß es.
Es ist ein Anfangsverdacht, natürlich, und gewiss ist das Verfahren
strafrechtlich völlig offen. Aber diesmal kann das dauern.
Denn anders als 2003, als Stolberg kurz wegen der Verschiffung von
Atom-Zentrifugen nach Libyen ins Visier gekommen war - die "BBC China", die
heute Beluga Superstition heißt, hatte er doch bloß verchartert und keine
Idee von der illegalen Fracht - gehts diesmal um ihn persönlich und seine
Firmen.
Denn das scheinbar unaufhaltsame Wachstum des Unternehmens hat nicht zur
"klaren Gliederung" des Konzerns geführt, wie dessen PR verspricht.
Insgesamt gehören mehr als 200 GmbHs in Bremen dazu, wovon zwar, durchaus
branchenüblich, der Löwenanteil die Beluga-Flotte ausmacht: Jeder Frachter
ist seine eigene GmbH. Aber die Inselzauber-Gesellschaft-Familie und die
Bluewater Capital GmbH gehören auch zur Stolberg-Familie, und die haben
Töchter in Aurich und Oldenburg.
Die hat die Staatsanwaltschaft jetzt zu durchkämmen, nach und nach,
gewissenhaft und genau.
Dass Stolberg während der Ermittlungen die Finger in sein Unternehmen
stecken kann, allein und unbeaufsichtigt - das wird der Finanzinvestor
Oaktree Capital Management (OCM) zu verhüten wissen, der ihn angezeigt hat.
Stolberg hatte den Investor im Sommer an Bord geholt, wahrscheinlich als
erster deutscher Reeder. Und den ganzen Februar über hatte Oaktree Schritt
für Schritt die Macht übernommen.
Am 17. Februar schon hat OCM-Vice-President Roger Iliffe sich als einzigen
Geschäftsführer der Beluga Group GmbH ins Handelsregister eintragen lassen.
Damals noch mit der Zustimmung von Stolberg - als Druckmittel gelten
Kredite fürs operative Geschäft, die auch in Spitzenzeiten ein Unternehmen
schwer belasten.
Und im Schwergut-Segment, in dem die Beluga-Group Weltmarktführer ist,
kommt der der Nachfragerückgang der Wirtschaftskrise gerade erst an.
Strategisch war der Schritt entscheidend: Die übrigen GmbHs sind
100-prozentige Töchter der Group - und Iliffe brauchte den Bremer nicht
mehr groß zu fragen.
Am 23. Februar ist er schon Geschäftsführer der Beluga Fleet-Management
GmbH, seit 8. März firmiert er auch offiziell als Boss bei der Beluga
Shipping GmbH, die das "Dach der geschäftlichen Aktivitäten" bildet, und
der Beluga Chartering GmbH. Die "stemmt das Kerngeschäft der Beluga Group",
heißt es auf der Homepage.
Zwei Tage zuvor hatte Stolberg überhastet seinen Schreibtisch räumen
müssen. Die Fotos von den Kindern durfte er einpacken, man ist ja nicht
ganz herzlos.
Aber das wars auch schon. Geschäftsführer darf er sich zwar weiterhin
nennen. Stolberg, Niels, geboren am 24. November 1960, wohnhaft in
Spiekeroog, hat aber, im Gegensatz zu Iliffe, nur mehr "die Befugnis, die
Gesellschaft mit einem anderen Geschäftsführer oder Prokuristen zu
vertreten".
Die Anstandsdame ist in diesem Fall ein gewisser Heiko Keppler aus
Frankfurt am Main, bislang ein Spezialist für Immobilienfonds.
Bislang war Stolbergs Geschichte eine klassische Aufsteiger-Erzählung. Sein
Vater war Lotse, seine Mutter Buchhalterin. Nachdem er zwei Jahre als
Kapitän zur See gefahren war, stieg er ins Reedergeschäft ein, zunächst als
Angestellter. Erst 1997 hat er sein erstes Schiff gekauft, im Jahr 2006
erstmals die 100-Millionen-Umsatz-Marke geknackt.
Damals hatte ihm Ernst & Young den Titel "Entrepreneur des Jahres"
verliehen, weil sein Kerngeschäft so boomte, weil er gleichzeitig eine
Schule für Tsunami-Waisen in Thailand aufgebaut hatte.
Außerdem fanden es die Wirtschaftsprüfer toll, wie der Reeder im Alleingang
auf der Insel Spiekeroog zum Hotel-Zampano aufgestiegen war: Auf 400 Betten
wird das Stolbergsche Quartiers-Imperium mittlerweile geschätzt.
Die Insel hat 781 Einwohner, und nicht alle waren beglückt über das
Engagement des Reeders, auch nicht, ja, erst recht nicht, als er dort sein
Künstlerhaus errichtete.
Stolbergs Flotte fährt seit jeher unter steuergünstiger Flagge. Trotzdem
empfand ers als sein gutes Recht, von der Bundesmarine eskortiert zu werden
- was er mit Aplomb in Berlin einforderte.
Umso intensiver bemühte er sich, sein sozialen Aktivitäten herauszustellen:
Bei Werder Bremen saß er im Aufsichtsrat und bezahlte für die Eckbälle im
Weserstadion jährlich mehr als eine Million Euro, eine Schule betreibt
Beluga in Bremen auch, hat dort und in Elsfleth Nautik-Professuren
gestiftet, in Oldenburg unterstützt Stolberg das Frauenhaus und die
Handballerinnen des VfL, in Bremen eine Benefiz-Gala, und zwischenzeitlich
hat ihn der lokale Energieversorger als Werbefigur entdeckt: "Gut für
Bremen" stand auf den Plakaten, der Name des Energieversorgers, und
überlebensgroß, ein Bild des Helden. Eine Neuauflage wirds nicht geben.
8 Mar 2011
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Niels Stolberg
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Kommentar Beluga- Reeder: Den Teufel ins Haus geholt
Stolberg hat einen Fehler gemacht: Mit dem Hedgefonds Oaktree hat er sich
nichts anderes als den Teufel ins Haus geholt - und sich von ihm
Vertragsklauseln diktieren lassen, die unter hanseatischen Kaufleuten als
sittenwidrig gelten würden.
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Stolberg hat einen großen Fehler gemacht: Mit dem Hedgefonds Oaktree hat er
sich nichts anderes als den Teufel ins Haus geholt - und sich von ihm
Vertragsklauseln diktieren lassen, die unter hanseatischen Kaufleuten als
sittenwidrig gelten würden.
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