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# taz.de -- Kommentar Tote in Afghanistan: Realität off the records
> Die Nato gibt viel Geld für eine positive Darstellung des
> Afghanistan-Einsatzes aus. Die Realität sieht anders aus. Das belegen die
> neuen Zahlen über zivile Opfer einmal mehr.
Die Regierungen der Nato-Staaten, die die Soldaten für die
Afghanistan-Schutztruppe Isaf stellen, bemühen sich zur Zeit, einen
Narrativ des Erfolgs zu entwickeln: Nach einem viel beworbenen
Strategiewechsel wüchsen afghanische Armee und Polizei. Beide seien immer
besser in der Lage, ihr Land selbst gegen die Aufständischen zu schützen.
Den Taliban und al-Qaida versetze man mächtige Schläge. Diese mit
Milliarden-Programmen für Öffentlichkeitsarbeit und "public diplomacy"
generierte Erzählung soll den Boden dafür bereiten, dass man sich aus
Afghanistan zurückziehen und gleichzeitig behaupten kann, die schwierige
Mission letztlich mit Erfolg beendet zu haben.
Nur die Realität funkt ab und an dazwischen. Dass die UNO gerade 2010 als
das für afghanische Zivilisten tödlichste Jahr seit der US-geführten
Militärintervention gegen das Taliban-Regime nennt, spricht eine andere
Sprache, nämlich die einer stetigen Eskalation der Gewalt. Schon das allein
belegt ja, dass, entgegen der Nato-Erzählung, der massiv erhöhte
militärische Druck die Aufständischen eben nicht zum politischen Einlenken
zwingt. Sie passen nur ihre asymmetrische Kriegführung an.
Alle Sicherheitsanalysten in den Kerngebieten des Aufstands in Süd- und
Südost-Afghanistan – einheimische wie internationale – bestätigen, dass
sich die Kennziffern für wirklich erfolgreiche Aufstandsbekämpfung wie
Zahl, geografische Ausdehnung und Wirkung gegnerischer Angriffe eben nicht
positiv entwickeln. Aber weil man das in Brüssel und Washington nicht wahr
haben will, reden diese Analysten nur noch "off the records".
Afghanistan, das wird immer deutlicher, steht vor allem für eine
schiefgelaufene politische Intervention des gerade auf diesem Gebiet
ambitionierten transatlantischen Bündnisses. Es hat Afghanistan zu einem
Regime verholfen, das in den Augen sehr vieler Afghanen – und Afghaninnen!
– Alltags- und Rechtssicherheit noch weniger gewährleistet als die Taliban.
Und man kann es kaum noch direkt beeinflussen, da Präsident Karsai sich aus
der Bevormundung seiner westlichen Mentoren gelöst hat und deren Fehler
argumentativ geschickt gegen sie einsetzt.
Die Afghanen kaufen die Nato-Erfolgsstories ohnehin nicht. Unter ihnen
herrscht blanke Angst, wieder allein gelassen zu werden – mit den Taliban
und Karsais korrupten, schießwütigen Warlords.
9 Mar 2011
## AUTOREN
Thomas Ruttig
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