# taz.de -- Ölkonzerne wälzen E10-Kosten ab: Die Zeche zahlen die Verbraucher | |
> Die E10-Pleite könnte teuer werden. Die Branche rechnet mit mehr als 450 | |
> Millionen Euro. Diese Kosten wollen die Ölkonzerne offensichtlich bei den | |
> Verbrauchern abladen. | |
Bild: Warnhinweis an einer Zapfsäule in Berlin. | |
Ölkonzerne kassieren bei Autofahrern offenbar schon jetzt Geld für Strafen, | |
die die Unternehmen wegen der Probleme beim Absatz des neuen Agrosprits E10 | |
möglicherweise an den Staat zahlen werden. Der Chef des | |
Mineralölwirtschaftsverbands (MWV), Klaus Picard, habe auf Nachfrage von | |
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf dem "Benzin-Gipfel" am Dienstag | |
einen entsprechenden Pressebericht nicht dementiert, sagten am Mittwoch | |
Teilnehmer des Treffens. | |
Auch im Gespräch mit der taz wies der Verband die Darstellung nicht zurück. | |
Deutschlands größter Tankstellenbetreiber Aral wollte sich dazu nicht | |
äußern. Die Nummer zwei, Shell, erklärte: "Details über unsere | |
Preisbildungsmechanismen können und dürfen wir nicht zuletzt aus | |
wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht nennen." Konkurrent Total dagegen | |
versicherte, man stelle eventuelle Strafzahlungen noch nicht dem | |
Verbraucher in Rechnung. Esso und Jet ließen Anfragen der taz zunächst | |
unbeantwortet. | |
Die Branche kalkuliert laut MWV, dass der Bund sie nach Jahresende im | |
schlimmsten Fall mit einer Buße von 456 Millionen Euro belegt, wenn sie | |
nicht genügend Sprit aus Pflanzen verkauft. Die Regierung will damit die | |
Abhängigkeit vom Erdöl und den Treibhausgasausstoß reduzieren. Deshalb | |
schreibt der Bund im Biokraftstoffquoten-Gesetz den Mineralölunternehmen | |
vor, dass ihr Sprit in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils zu 6,25 Prozent aus | |
Pflanzen hergestellt sein muss. Sonst ist eine Strafe für die Menge | |
Agrosprit fällig, die zur Quotenerfüllung fehlt. Das Risiko ist real, da | |
die meisten Autobesitzer den E10 mit 10 Prozent Agro-Ethanol bisher meiden. | |
Aus diesem Grund, so hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung in | |
ihrer Ausgabe vor dem "Benzin-Gipfel" MWV-Sprecherin Karin Retzlaff | |
zitiert, habe die Branche schon auf jeden Liter der alten Sorte | |
SuperPlus/E5 mit einem niedrigen Anteil von Ethanol 2 Cent aufgeschlagen. | |
Retzlaff hält es für gerechtfertigt, wenn die Firmen die Kosten an die | |
Verbraucher weitergeben. "Die Mineralölunternehmen verdienen nach Abzug von | |
Kosten wie Rohstoffeinkauf, Logistik und Personal nur 0,5 bis 1 Cent pro | |
Liter. Wenn jetzt noch 2 Cent Strafzahlung fällig werden, lohnt sich der | |
Tankstellenbetrieb in Deutschland nicht mehr", sagte die Sprecherin der | |
taz. | |
Auf die Frage, ob die Ölfirmen nicht riesige Gewinne einführen, antwortete | |
sie: "Ja, aber nicht mit Tankstellen." Doch das trifft allenfalls auf die | |
deutschen Tochtergesellschaften der Konzerne zu. Exxon Mobil, zu der Esso | |
gehört, etwa hat im vierten Quartal 2010 9,25 Milliarden Dollar Überschuss | |
verbucht. | |
Das Umweltministerium kritisierte Preisaufschläge zum jetzigen Zeitpunkt. | |
"Es geht natürlich nicht, aus diesem Grund Aufschläge zu machen, weil man | |
noch gar nicht weiß, ob es zu Strafzahlungen kommen wird und wie hoch sie | |
sein werden", sagte ein Sprecher. | |
10 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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