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# taz.de -- Kommentar Katastrophe in Japan: Kein Grund zur Beruhigung
> Je mehr wir von Experten über die wirklichen Bedingungen vor Ort lernen,
> desto größer wird der Schrecken. Wer jetzt "Panikmache!" ruft, der hat
> sich schlicht nicht informiert.
Bild: Meister der logischen Pirouette: Kraftwerk Mappus.
Normalerweise ist es so: Wer über ein Thema gut informiert ist, der
verfällt nicht so leicht in Panik. Bei Umweltfragen ist es genau umgekehrt:
Je mehr die Menschen über die Details des Klimawandels wissen, desto
bleicher werden sie, wenn sie über das Thema sprechen. Auch bei der
Atomkatastrophe von Fukushima verhält es sich ähnlich: Je mehr wir von
Experten über die wirklichen Bedingungen vor Ort lernen, desto größer wird
der Schrecken.
Die Fakten sprechen für sich: Drei Reaktoren vor dem Durchschmelzen,
massive Freisetzung von Strahlung, brennende Abklingbecken, flüchtende
Helfer. Rechnet man dazu, dass die japanischen Behörden und AKW-Betreiber
mit Informationen sehr spärlich umgehen, dürfen einem da schon mal die Knie
weich werden.
Natürlich ist Angst ein schlechter Ratgeber und hilft Panik nicht weiter.
Und natürlich ist es lächerlich, im sicheren Deutschland nach Jodtabletten
anzustehen. Aber wer "Panikmache!" ruft, der hat sich vielleicht nur nicht
gut genug informiert und zelebriert eine Coolness, die den Tatsachen nicht
angemessen ist. Oder er hat bei George Orwell gelernt: "Nichtwissen ist
Stärke".
Wenn ein Erdbeben ein Industrieland wie Japan flachlegt, das für Störungen
der Infrastruktur ähnlich anfällig ist wie Deutschland, dann darf man schon
mal schlucken. Wenn ein Tsunami vor laufenden Kameras Hunderte von Menschen
in den Tod reißt, kann daraus durchaus Mitleiden entstehen. Und wenn
Atomkraftwerke außer Kontrolle geraten, die ähnlich auch in Brunsbüttel
oder Phillipsburg stehen, dann kann man ruhig mal zugeben, dass man selbst
eine Scheißangst hat.
Viele Menschen verstehen sehr gut, dass sich in der Atomkatastrophe eines
der zentralen Restrisiken unserer Gesellschaft realisiert. Im Alltag
verdrängen wir ganz gern mal die Dinge, die uns verunsichern: Gentechnik,
Nanotechnik, die Chemie im Alltag. Stresssituationen wie die Katastrophe in
Japan rufen uns deren Gefahren wieder eindringlich in Erinnerung.
Viele Leute wissen, dass wir uns oft genug in die Tasche lügen und uns das
Leben sicherer wünschen, als es ist. Wer seinen Kopf aber nicht nur dazu
benutzt, ihn in den Sand zu stecken, kann völlig zu Recht manchmal schlecht
schlafen. Die Disziplin, die in Japan herrscht, ist zu bewundern. Aber
Grund zur Beruhigung gibt es derzeit wenig.
15 Mar 2011
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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