# taz.de -- Milliardenschaden in Japan: Die Versicherungen sind fein raus | |
> Die Kosten für den Wiederaufbau in Japan werden enorm hoch ausfallen, | |
> geschätzt sind zwischen 88 und 132 Milliarden Euro. Wer zahlt das alles? | |
> Nicht die Versicherungen. | |
Bild: Ob sich dieses Auto in Kamaishi wohl noch ausbeulen lässt? | |
BERLIN taz | Anhaltspunkt für die Schätzungen ist das Erdbeben von Kobe, | |
das 1995 ebenfalls sehr hohe Kosten verursachte. Die damaligen | |
Gesamtschäden werden auf 100 Milliarden Dollar geschätzt – von denen aber | |
nur ganze 3 Milliarden versichert waren, wie einer Aufstellung der | |
Münchener Rück zu entnehmen ist. | |
Auch diesmal dürfte ein großer Teil der Schäden nicht versichert sein. Dies | |
gilt vor allem für die verheerenden Folgen des Atom-GAU in Fukushima. Zwar | |
gibt es in Japan wie in Deutschland einen "Atompool", in dem sich die | |
Rückversicherer und der Staat zusammengeschlossen haben, um die Folgen von | |
AKW-Störfällen abzufangen. Doch nukleare Schäden durch Erdbeben und | |
Tsunamis sind dort ausdrücklich ausgeschlossen. | |
Bleiben die direkten Schäden, die durch das Erdbeben und den Tsunami | |
entstanden sind: Sie werden vor allem durch den japanischen "Erdbeben-Pool" | |
abgewickelt, in dem sich die Erstversicherer und der japanische Staat | |
zusammengeschlossen haben. | |
Noch ist völlig unklar, wie hoch die Entschädigungen sind, die dieser | |
"Erdbeben-Pool" auszahlen wird. Klar ist nur: Die deutsche | |
Versicherungswirtschaft ist davon nicht betroffen. Denn die japanische | |
Aufsicht hatte ihren heimischen Versicherungskonzernen untersagt, sich bei | |
ausländischen Rückversicherern abzusichern. | |
## | |
Die Münchener Rück und auch die Allianz erwarten daher, dass ihnen eher | |
indirekte Kosten entstehen werden – und zwar vor allem bei | |
Industrieversicherungen. Dazu gehören etwa Betriebsausfälle in Deutschland, | |
wenn wichtige Bauteile aus Japan nicht mehr geliefert werden. Auch sind die | |
japanischen Dependancen deutscher Unternehmen oft im Rahmen eines | |
Global-Kontrakts mitversichert. | |
Doch dürften die Kosten für die deutschen Versicherer überschaubar bleiben. | |
Diese Erkenntnis hat sich offenbar auch bei den Anlegern herumgesprochen: | |
Der Kurs der Münchener Rück hat sich leicht erholt. | |
Es ist durchaus typisch, dass große Naturkatastrophen nicht unbedingt zu | |
großen Lasten für die Versicherungen führen. Die Münchener Rück hat eine | |
Liste zusammengestellt, welche Naturkatastrophen zwischen 1980 und 2011 die | |
meisten Todesopfer gefordert haben – und welche Naturkatastrophen für die | |
Versicherungskonzerne weltweit am teuersten waren. | |
## | |
Ein paar Beispiele: Die meisten Opfer forderte das Erdbeben in Haiti im | |
Januar 2010, bei dem 222.570 Menschen starben. Doch der offizielle Schaden | |
lag nur bei 8 Milliarden Dollar – wovon ganze 200 Millionen versichert | |
waren. Ähnlich war es beim Tsunami am zweiten Weihnachtstag 2004: Dabei | |
kamen 220.000 Menschen um, aber der Schaden belief sich auf nur 10 | |
Milliarden Dollar - von denen 1 Milliarde versichert war. | |
Richtig kostspielig hingegen wird es für die Versicherungen, wenn | |
Industrieländer betroffen sind, deren Einwohner und Firmen über hohe | |
Vermögen verfügen, die sie zudem absichern. So war die teuerste | |
Naturkatastrophe eindeutig der Hurrikan "Katrina", der im August 2005 auf | |
die US-Küste traf. Es entstanden Schäden von 125 Milliarden Dollar, von | |
denen 62,2 Milliarden versichert waren. Die Zahl der Todesopfer hingegen | |
fiel im Vergleich etwa mit dem Erdbeben in Haiti eher gering aus: 1.300 | |
Menschen kamen um. | |
Dieses Muster zeigt sich in der gesamten Versicherungsstatistik: Sieben der | |
zehn teuersten Naturkatastrophen waren Hurrikane, die durch die USA zogen – | |
die Amerikaner sind relativ gut versichert. Auch das Erdbeben im | |
neuseeländischen Christchurch im Februar 2011 war für die Versicherungen | |
relativ teuer. Die Schäden lagen bei etwa 20 Milliarden Dollar - wovon 10 | |
Milliarden versichert waren. | |
16 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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