# taz.de -- IT-Sicherheitsforscher über Müll-E-Mails: "Spam lohnt sich immer" | |
> Thorsten Holz von der Uni Bochum forscht im Bereich Datenschädlinge und | |
> drang mit Kollegen in einen Spam-Ring vor. Elektroschrott-Mails kosten | |
> Kriminelle kaum Geld. | |
Bild: Einfach nicht totzukriegen: Spam. | |
taz.de: Herr Holz, sind Spammer Menschen wie Sie und ich? Oder benötigt man | |
ein kriminelles Potenzial, um sich in diesen Kreisen erfolgreich zu | |
bewegen? | |
Thorsten Holz: Spammer haben schon ein gewisses kriminelles Potential, denn | |
sie benutzen typischerweise Rechner, die mit Schadsoftware infiziert wurde, | |
um Spam-Nachrichten zu verschicken. Darüber hinaus ist das Versenden von | |
Spam-Nachrichten in einigen Ländern illegal und wird auch bestraft. | |
Sie haben kürzlich herausgefunden, was große Spam-Kampagnen momentan | |
kosten. Können Sie Beispiele nennen? | |
Holz: Eine Million E-Mail-Adressen kosten 25 bis 50 US-Dollar, der Versand | |
von einer Million Spam-E-Mails hingegen schlägt mit etwa 100 bis 500 | |
US-Dollar zu Buche. Größere Mengen an Spam-Nachrichten sind billiger zu | |
versenden, beispielsweise kostet der Versand von täglich 100 Millionen | |
Nachrichten etwa 10.000 US-Dollar pro Monat. | |
Warum ist Spam für die Müllmailversender derart billig? | |
Holz: Dies hat mehrere Gründe. Zum einen ist es für einen Spammer relativ | |
günstig, Zugang zu mit Schadsoftware infizierten Maschinen zu erhalten. So | |
kostet beispielsweise der Zugriff auf 10.000 Maschinen etwa 300 bis 800 | |
US-Dollar. Der eigentliche Versand von Spam-E-Mails ist dann ebenfalls | |
günstig, da der Spammer jede infizierte Maschine dazu verwenden kann. | |
Spam wird ja deshalb verschickt, weil Menschen auf die Botschaften | |
reagieren und etwa halbseidene Produkte erwerben. Wann hat es auch noch der | |
letzte Nutzer gelernt, dass man das nicht tun sollte? | |
Holz: Viele Nutzer haben das durchaus schon gelernt, allerdings | |
funktioniert Spam auch bei einer sehr kleinen Anzahl an Kaufaufträgen. | |
Angenommen, ein Spammer schickt 100 Millionen Werbenachrichten an | |
verschiedene Nutzer. Selbst wenn dann nur 0,00001% Nutzer darauf reagieren | |
und ein Produkt erwerben, ergibt sich ein Profit für den Spammer. | |
Technisch gibt es, neben dem Filtern auf Rechner- und Serverseite, einige | |
Ideen. Beispielsweise das Signieren von Internet-Domains, um | |
sicherzustellen, dass Mails wirklich von einem Absender kommen. Wie weit | |
ist diese Technik fortgeschritten? Wird sie wirklich etwas bringen? | |
Holz: Diese Technik befindet sich im Moment in der Einführungsphase und ich | |
erwarte positive Effekte durch eine solche Maßnahme. | |
Es gab zwischenzeitlich auch einmal den Vorschlag, E-Mails einfach ein paar | |
Cents kosten zu lassen, damit der ökonomische Anreiz reduziert wird. Was | |
halten Sie von der Idee? Die Deutsche Post mit ihrem E-Post-Brief und die | |
Firmen hinter dem De-Mail-Projekt glauben fest daran. | |
Holz: Es gibt akademische Studien von Forschern, die zeigen, dass solche | |
Bezahlmodelle in der Praxis [1][auch negative Effekte haben können.] Eine | |
Analyse von realen Daten hat verdeutlich, dass es durchaus legitime Sender | |
mit hohem Nachrichtenaufkommen gibt und solche Sender sind durch | |
Bezahlmodelle dann potenziell benachteiligt. | |
Spam ist seit den Anfangszeiten des Netzes ein Problem. Ab und an gibt es | |
dank Verhaftungen und Serverabschaltungen weniger Müllmails, doch das alte | |
Niveau wird stets wieder erreicht. Warum scheint es unmöglich zu sein, Spam | |
zu schlagen? | |
Holz: Häufig wird nur die Infrastruktur der Täter getroffen. Dies bedeutet, | |
dass die Kontrollserver der Spammer abgeschaltet werden, die eigentlichen | |
Hintermänner werden aber nicht gefasst. Das führt dazu, dass die Angreifer | |
neue Maschinen kapern und ein neues Spam-Botnetz aufbauen, mit dessen Hilfe | |
sie dann wieder Werbenachrichten versenden können. | |
Wie bekämpfen Sie selbst Spam? Mit guten Filtern? | |
Holz: Bei einem typischen Endnutzer kommen heutzutage aufgrund von guten | |
Spam-Filtern kaum mehr Werbenachrichten an - bei mir persönlich ist das | |
Spamaufkommen, was ich dann in meiner Inbox sehe, deutlich im einstelligen | |
Prozentbereich. Allerdings wird durch die Technik schon viel Spam auf dem | |
Weg zu meiner Inbox gefiltert. Aktuellen Studien zu Folge ist etwa 85 bis | |
90 Prozent des weltweiten E-Mail-Aufkommens Spam. | |
23 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.cl.cam.ac.uk/~rnc1/proofwork.pdf | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Ausbeutung | |
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