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# taz.de -- Vorauseilender Gehorsam beim NDR: Dann lieber Praktikanten
> Das Magazin "Zapp" ließ am Mittwoch peinliche ARD-Geschichten wie
> Mobbing-Vorwürfe und den Skandal beim Kinderkanal weg. Kein Wunder bei
> dem Programmdirektor.
Bild: Kultfiguren im KiKa: Briegel der Busch (li), Chili das Schaf (re) und Ber…
Das ARD-Fernsehen ist ein Hort für unerschrocken kritischen
Qualitätsjournalismus. Unbarmherzig seziert es Politik (Merkel + Mappus)
und Wirtschaft (AWD-Maschmeier). Es erklärt und bezieht Stellung (AKW). Und
nimmt sich selbst davon natürlich – äh: aus. Das zumindest galt einmal.
Dann kam "Zapp". Dass die ARD ihr TV-Medienmagazin spätabends beim NDR
versteckt, macht nichts, man kann es schließlich auch [1][im Internet]
"nachgucken". Bei "Zapp" findet auch die ARD statt – und kriegt ihr Fett
weg, wenn sie es verdient hat.
Für die allfälligen "Nestbeschmutzer"-Attacken angefasster ARD-Hierarchen
gibt es längst Vordrucke, die sich die Redaktion stolz an die Pinnwand
heftet (okay, das war'n Witz). Also lohnt es sich immer mal wieder, bei
"Zapp" verbeizuschauen,um zu sehen, wie es um die innere Kritikfähigkeit
der ARD bestellt ist.
Und die ist mit einem Wort umschrieben: Beschissen. Kein Wort in der
Sendung vom Mittwoch (23.3.) zum Millionenbetrug beim Kinderkanal (KiKa)
von ARD und ZDF. Zur Erinnerung: Dort zwackte ein von der Senderführung
gepamperter Herstellungsleiter über Jahre durch fingierte Rechnungen über
acht Millionen Euro ab. Der größte Betrugsskandal, der je den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk erschütterte, hatte beim für den KiKa
zuständigen MDR mittlerweile handfeste Konsquenzen. Am 18.3. musste der für
Kasse & Co. zuständige Verwaltungsdirektor gehen und der Fernsehdirektor
kriegte was auch aufs Dach. Und "Zapp" macht eine runde halbe Woche später
– nichts. Vertröstet auf die nächste Sendung.
Von daher wundert es auch kaum, dass eine noch etwas aktuellere ARD-Affäre
genauso wenig Erwähnung fand: Die eigene Generalsekretärin der ARD, Verena
Wiedemann, hat den Senderverbund [2][wegen massiven Mobbings verklagt].
Wiedemanns Anwalt spricht von planmäßiger "Ausgrenzung, Diskriminierung und
Missachtung" seiner Mandantin, die daran psychich erkrankt sei und sich in
medizinischer Behandlung befinde. Die ARD weist die Vorwürfe ihrer
Generalsekretärin "aufs Entschiedenste" zurück – und steht Kopf. Aber
natürlich nicht bei "Zapp".
Dort gab es in der aktuellen Sendung am Mittwoch ein paar Nettigkeiten über
die Dämmerung der Medienkanzlerin Merkel und ein geradezu rührend harmloses
Stück über PraktikantInnen in Medienunternehmen. Ob so etwas vorauseilender
Gehorsam oder direkte Einflussnahme ist, kann man von außen schwer
beurteilen. Es schadet aber "Zapp", und seiner Redaktion, dem NDR und der
ganzen ARD.
Dabei tickt dort noch eine ganz andere Zeitbombe: Im Zusammenhang mit dem
KiKa-Betrug hat der MDR-Intendant einen frühen KiKa-Geschäftsführer
attackiert, der den Kinderkanal bis vor drei Jahren leitete, für den
Herstellungsleiter Sonderrechte genehmigt hatte und in dessen Amtszeit der
größte Anteil der Scheinrechnungen fiel. Der MDR prüfe jetzt
Schadensersatzansprüche gegen den Mann, berichtet der aktuelle Spiegel, -
wie gesagt, alles natürlich kein Thema für "Zapp", nicht einmal in der
Nachrichtenrubrik "Durchgezappt".
Warum das so ist, begründet interessanterweise der Intendant des MDR, Udo
Reiter, im Spiegel gleich höchstpersöhnlich: "Der größte Teil der
veruntreuten Summe fiel in die Amtszeit von Frank Beckmann, der den
Kinderkanal von 2000 bis 2008 leitete." Beckmann wurde im November 2008
Programmdirektor Fernsehen des NDR "rechtzeitig, könnte man hinzufügen", so
Reiter. Frank Beckmann ist damit auch zuständig für ein gewisses
Medienmagazin. Das verabschiedete sich am Mittwoch so: "Und nächste Woche
bei 'Zapp': Der Skandal beim Kinderkanal. Untreue und Unterschlagung in
Erfurt. Der Untersuchungsbericht und die Folgen. Schalten Sie ein, es lohnt
sich." Wir sind gespannt. Dabei könnten der NDR und die ganze ARD mit einem
souveränen Umgang gerade mit "Zapp" beweisen, dass der
öffentlich-rechtliche Rundfunk genau das kann: Öffentlichen, kritischen
Qualitätsjournalismus.
24 Mar 2011
## LINKS
[1] http://www.ndr.de/zapp
[2] /1/leben/medien/artikel/1/die-sekretaersgeneralin/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
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