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# taz.de -- Die Schlüsselfiguren im FDP-Karussell: Die Erben der Scherben
> Jungpolitiker auf dem Weg nach oben, Wirtschaftsminister und
> Fraktionsvorsitzende im Rückzug – und eine Parteilinke aus Bayern, die
> sich alles in Ruhe anschaut.
Bild: Potenzielle Gewinner: Gesundheitsminister Rösler und Justizministerin Le…
## Philipp Rösler - Kronprinz wider Willen
Der Bundesgesundheitsminister gilt als Favorit für die
Westerwelle-Nachfolge. Dabei hat der 38-Jährige wiederholt damit
kokettiert, es mangele ihm am Willen zur Macht. Mehrmals erklärte er, er
könne sich vorstellen, mit 45 Jahren die Politik zu verlassen. Auch wäre er
angeblich am liebsten im heimischen Hannover Landeswirtschaftsminister
geblieben, wo er es sich gerade erst mit seiner Frau und ihren gemeinsamen
Zwillingen in einem Eigenheim gemütlich gemacht hatte.
Doch Parteichef Guido Westerwelle holte den gelernten Arzt 2009 als
Gesundheitsminister nach Berlin. Der umgängliche Rösler gilt als Liebling
der Parteibasis. Doch ist unklar, wie der auf Harmonie setzende
Niedersachse die zerrissene FDP führen will. Ein Wechsel ins kleinere
Wirtschaftsministerium brächte ihm mehr Zeit für seine Parteiarbeit.
## Sabine Leutheusser-Schnarrenberger – die Parteilinke
Die Bundesjustizministerin hat es sehr schwer in ihrer Partei, und zugleich
sehr leicht. Die 60-Jährige ist die letzte noch parteipolitisch aktive
Vertreterin des linksliberalen Flügels der FDP. Deshalb werden die Versuche
ihrer bayerischen Parteifreunde, sie als Bundesvorsitzende ins Gespräch zu
bringen, kaum Aussicht auf Erfolg haben.
Der großen Mehrheit gilt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als zu links.
Sie tritt seit Jahrzehnten für besseren Datenschutz ein, für
Minderheitenrechte und gegen strengere Gesetze als Allheilmittel
politischer Probleme. Ihre parteiinterne Macht wird jedoch wachsen. Sie
versteht sich blendend mit Bahr, Lindner und Rösler. Das künftige
Führungstrio beruft sich wiederholt auf die Ministerin, wenn es um die
thematische Verbreiterung der FDP geht.
## Rainer Brüderle – Minister auf Abruf
Er hatte sich die Sache ganz anders vorgestellt. Zur Krönung seiner langen
politischen Laufbahn wurde Brüderle 2009 überraschend
Bundeswirtschaftsminister. Selbst innerhalb der FDP hatten viele nicht mehr
erwartet, dass der leutselige Vorsitzende des Landesverbands
Rheinland-Pfalz noch den ersehnten Sprung auf die bundespolitische Bühne
schaffte. Doch Guido Westerwelle entschied sich für einen Prestigeposten
für den heute 65-Jährigen.
Dort hat Brüderle zwar wenig politischen Einfluss, kann aber ausdauernd von
der Bedeutung des Mittelstands für Deutschland reden. Nach der krachend
verlorenen Landtagswahl in seiner Heimat schwindet seine Macht. Fordert
Philipp Rösler tatsächlich den Ministerposten Brüderles, wird dieser ihm
kaum etwas entgegensetzen können.
## Birgit Homburger – Frau von gestern
Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion versucht zu retten, was zu
retten ist. Vor wenigen Tagen erklärte die 45-Jährige, die gesamte
Parteiführung stehe zur Disposition. Damit schoss sie gegen den
Vorsitzenden Guido Westerwelle. Dieser soll zuvor versucht haben, seinen
Sturz zu verhindern, indem er Homburger und Wirtschaftsminister Rainer
Brüderle opfert. Westerwelle ist gefallen, aber der Druck auf Homburger
bleibt bestehen.
In Berlin gilt die Fraktionschefin als kraftlos. Ihre größtenteils
unerfahrene und stark angewachsene Bundestagstruppe tritt kaum mit
Initiativen in Erscheinung. Homburger gilt als bloße Verwalterin der Macht.
Nach dem dramatisch schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl steht auch
ihr Posten als FDP-Chefin in Baden-Württemberg zur Disposition.
## Christian Lindner – der Vordenker
Der 32-Jährige hat in den vergangenen eineinhalb Jahren etwas schier
Unmögliches geschafft. Als FDP-Generalsekretär hat der Mann aus
Wermelskirchen die irrlichternde Politik seiner Partei und seines
Vorsitzenden erklärt – und dabei keinen nennenswerten Fehler begangen. Der
Politologe gilt als klügster Kopf seiner Generation in der FDP.
Ihm trauen Parteifreunde das Amt des Vorsitzenden zu. Hinderungsgründe sind
sein sehr junges Alter und seine mangelnde bundespolitische Erfahrung.
Selbst ein Scheitern eines möglichen Parteichefs Rösler könnte sich für
Lindner als Vorteil erweisen: Nach einer gescheiterten Bundestagswahl 2013
könnte der dann 35-Jährige die FDP übernehmen. An einem Grundsatzprogramm,
das die Partei neu ausrichten soll, arbeitet er ohnehin bereits.
## Daniel Bahr – liberaler Königsmacher
Dem Bankkaufmann aus dem Münsterland kommt eine wichtige Rolle zu. Als
neuer Vorsitzender des größten FDP-Landesverbands verfügt Bahr über große
parteiinterne Macht. Gegen die Stimmen aus Nordrhein-Westfalen geht nichts
auf Parteitagen. Der 34-Jährige gilt zudem als Kopf hinter Philipp Rösler.
Im Bundesgesundheitsministerium kümmert er sich als Staatssekretär um all
die Fallstricke, die im Gesundheitswesen lauern.
Bahr ist ein ausgesprochener Freund der privaten Krankenversicherung und
würde die gesetzlichen Kassen am liebsten auflösen. Sollte Rösler ins
Wirtschaftsressort wechseln, könnte sein Vertrauter den Posten des
Gesundheitsministers problemlos übernehmen. Gemeinsam mit Rösler und
Christian Lindner gilt Bahr als größter Gewinner der FDP-Krise.
5 Apr 2011
## AUTOREN
Matthias Lohre
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